Transkript Podcast "Trust" – Staffel 2 / Episode 7: COVID-19-Kurzarbeit

25. Februar 2022

"Trust" – Der Podcast aus dem Rechnungshof. Weit mehr als nur die Zahlen. Mit Margit Kraker, Präsidentin des Rechnungshofes.

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts! Es freut mich, dass Sie wieder zuhören. Wie gesagt, ich melde mich wieder bei Ihnen und will Ihnen auch einiges wieder erzählen, denn im Rechnungshof tut sich vieles. Es geht einerseits ja darum – vielleicht haben Sie das schon gehört im Laufe dieser Woche –, dass es um zusätzliche Prüfrechte des Rechnungshofes geht. Etwa im Zusammenhang mit den politischen Parteien. Ich möchte aber jetzt nicht davon sprechen, sondern über einen Prüfbericht sprechen, den wir heute veröffentlichen. Es ist dies ein wichtiger Prüfbericht, denn es handelt sich dabei um die COVID-19-Kurzarbeit. Und was ist die Kurzarbeit? Die Kurzarbeit ist eine wichtige arbeitsmarktpolitische Maßnahme. Es geht hier darum, die Menschen, die von Kurzarbeit betroffen sind, insofern zu unterstützen, als sie ein höheres Einkommen hätten, als in der Arbeitslosigkeit. Es geht darum, auch zu vermeiden, dass die Menschen in die Arbeitslosigkeit geraten. Und auf der anderen Seite sollten auch die Unternehmen unterstützt werden im Wege der Kurzarbeitshilfen, sodass sie in der Lage sind, diese Kurzarbeit zu finanzieren und eben die Leute nicht entlassen müssen oder kündigen müssen.

Wie gesagt, die Kurzarbeit hat daher eine hohe Wirksamkeit. Es ist ein wichtiges und auch schon etabliertes Kriseninstrument in Österreich gewesen. Wir kennen sie ja schon seit der Wirtschafts- und Finanzkrise. Da wurde sie aber deutlich weniger in Anspruch genommen als jetzt während der COVID-19-Pandemie. Das COVID-19-Kurzarbeitsmodell ist ein Modell, das besonders großzügig ausgestaltet war und sollte ein Anreiz eben sein, die Mitarbeiter in Beschäftigung zu halten. Wie gesagt, das ist der Vorteil. Es wurde natürlich aus Gründen, damit man rasch hilft, auch sehr rasch eingeführt, dieses Modell. Natürlich passiert es in der Hitze des Gefechtes dann immer wieder, dass – wenn etwas rasch eingeführt wird – vielleicht nicht alles bedacht werden muss. Beispielsweise musste die Förderrichtlinie innerhalb eines Jahres zwölfmal, häufig auch rückwirkend, adaptiert werden. Das heißt, man war sich von Anfang an nicht ganz im Klaren, wie man dieses Modell dann entsprechend auch ausgestalten könnte, und wie man es auch richtig abwickelt. Tatsächlich ist es eben so, dass die stärkste Inanspruchnahme der Kurzarbeit ja im April 2020 erfolgte. Das heißt also, es bestand ein großer Zeitdruck. Aber trotz des großen Zeitdrucks glauben wir als Rechnungshof, dass es dennoch wichtig ist, die Arbeitsmarkt- und Förderexpertinnen und -experten des Arbeitsministeriums und des AMS in eine derartige wichtige Konzeption und in eine derartig wichtige Fördermaßnahme einzubeziehen. Denn ich möchte jetzt an dieser Stelle Ihnen auch sagen, wovon wir sprechen. In Wirklichkeit war es so, dass zum Ende Juni 2021 bereits 8,5 Milliarden Euro ausgegeben wurden an Kurzarbeitshilfen und das macht diese Kurzarbeitshilfen zu den kostenintensivsten Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung. Sie machte allein 25 Prozent der COVID-Auszahlungen aus. Das ist der wichtige Stellenwert und ein Rechnungshof, der als externe Finanzkontrolle eine wichtige Funktion hat, nämlich zu schauen, ob diese Mittel auch richtig ankommen und richtig eingesetzt werden, kommt nicht umhin, eine derartig wichtige Maßnahme auch zu prüfen und zu überprüfen.

Tatsächlich haben wir festgestellt, dass aufgrund einer ungeeigneten Berechnungsmethode am Anfang es zu Überzahlungen kam. Überzahlungen, die nicht beabsichtigt waren, die aber dennoch sich in einer Größenordnung von rund 500 Millionen Euro in der ersten Phase abgespielt haben. Das haben wir transparent gemacht. Diese Berechnungsmethodik wurde dann auch im Juli 2020 geändert. Faktum ist aber, dass das passiert ist. Was wir generell kritisieren, ist, dass bestimmte Punkte natürlich missbrauchsanfällig waren, wie etwa die Frage, ob diese Ausfallstunden, eben die Stunden, die dann letztlich für die Kurzarbeitshilfe abgerechnet wurden, richtig abgerechnet wurden. Das ist kaum feststellbar, da fehlten entsprechende Kontrollen. Das war auch weitgehend ungeprüft. Wir glauben, dass die Frage, wie hier wirklich abgerechnet wurde, doch ein Einfallstor sein könnte für möglichen Missbrauch. Und das AMS hat wohl aufgrund der hohen Anforderungen diese Hilfsmaßnahme auch entsprechend über die Bühne zu bringen. Aber es gab eben hohe Toleranzgrenzen, sodass eben doch höhere Auszahlungsbeträge tatsächlich ungeprüft blieben – bleiben mussten. Deshalb meinen wir, dass hier und haben festgehalten, dass ein Kontrollkonzept gefehlt hat zur Aufdeckung dieses unrechtmäßigen Förderbezugs oder dieses möglicherweise unrechtmäßigen Förderbezugs.

Gesamtwirtschaftlich ist es schon so, dass die COVID-Kurzarbeit sich sehr stabilisierend auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat. Und zugleich war sie mit hohen Kosten verbunden. Das Modell war ein sehr attraktives Modell. Es war ein Modell, das ja auch ganz wesentlich mit den Sozialpartnern entwickelt wurde – denen eine maßgebliche Rolle hier zukam. Wir glauben, dass natürlich auch der Fördergeber wie das AMS hier eine entsprechende Verantwortung hat und Aufgabe hat, und dass nicht alles auf die Sozialpartner überbunden werden kann. Aber dieses attraktive Modell erhöhte natürlich das Risiko von Mitnahmeeffekten und hatte es in sich, dass sozusagen eine Neuorientierung von Unternehmen und Beschäftigten dann entsprechend nicht erfolgte, und da der Druck nicht so gegeben war. Und es war auch so, dass Unternehmen aus einzelnen Branchen, die durchaus gar nicht von wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen waren, hier auch an diesem Modell teilgenommen haben.

Summa summarum glauben wir aber, dass die Kurzarbeit ein wichtiges Instrument der Krisenbewältigung ist. Immerhin haben mit mehr als 110.000 Unternehmen im Jahr 2020 diese Kurzarbeit in Anspruch genommen mit 1,25 Millionen Beschäftigten. Also das ist schon etwas. Das ist eine enorme Leistung. Was der Rechnungshof als "Lessions Learned" für die Zukunft empfiehlt, ist, stets darauf zu achten, dass nicht unwirtschaftliche Strukturen quasi bewahrt werden, dass Mitnahmeeffekte möglich gering gehalten werden und dass ein Missbrauch durch geeignete Kontrollkonzepte vermieden wird. Das ist unsere Verantwortung als Rechnungshof. Und so sehen wir das auch im Zusammenhang mit unseren Corona-Prüfungen. Die Mittel, die bisher ausgezahlt waren in Summe für alle COVID-Massnahmen auf Bundesebene, betragen mehr als 40 Milliarden Euro. Das braucht regelmäßige Prüfarbeit von Seiten des Rechnungshofes. Wir haben rund 25 COVID-19-bezogene Prüfungen bei uns eingeleitet. Wir leisten damit einen Beitrag zum Staat, dass die Bürgerinnen und Bürger vertrauen können, und dass sie Gewissheit haben, wie das Management der Pandemie erfolgt ist. Wir wollen hier Klarheit schaffen und wir wollen sagen, was ist und was passiert ist und wir wollen auch haben, dass in Zukunft Lehren für eine künftige Krisenbewältigung aus unseren Prüfberichten gezogen werden.

Ich lade Sie daher ein, diesen spannenden Bericht sich zu Gemüte zu führen, nachzulesen und zu sehen, wie komplex eine Pandemiebewältigung ist. Auf der einen Seite zu helfen und auf der anderen Seite richtig zu helfen. Das ist nicht immer einfach und es kostet auch viel Geld. Dankeschön.

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