Rechnungshof drängt auf Ausbau erneuerbarer Energien

21.10.2022 – Umstellung von Einzelanlagen bleibt offen

In Österreich entfallen rund 27 Prozent des gesamten Energieverbrauchs auf das Heizen, das Kühlen und die Warmwasserbereitung, also auf den Wärmesektor. Dieser wird von fossilen Energieträgern dominiert. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau“ verweist der Rechnungshof auf die verstärkte Dringlichkeit beim Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere wegen der aktuellen Energieversorgungskrise und der internationalen Abhängigkeiten von Erdgas sowie aufgrund des zu erwartenden positiven Umweltfaktors.

Geprüft wurde im Klimaschutzministerium und bei der Abwicklungsstelle AWISTA GmbH. Der überprüfte Zeitraum erstreckte sich von der Vergabe der Abwicklungstätigkeit im Jahr 2010 bis Ende 2020. 

Reduktion der Treibhausgasemissionen 

Die Europäische Union setzte sich das strategische Ziel, Treibhausgasemissionen – insbesondere CO2 – zu reduzieren. Erreicht werden soll dies durch den Ersatz der fossilen durch erneuerbare Energieträger (Dekarbonisierung), durch die nachhaltige Senkung des Energieverbrauchs und durch die Erhöhung der Energieeffizienz. Der Umstieg von fossilen Energieträgern auf umweltfreundlichere Heizsysteme betrifft vor allem Haushalte in Ländern mit einem hohen Anteil an Öl- und Erdgasheizungen, wie Wien, Niederösterreich, Vorarlberg, Tirol und Burgenland. 

Strategische Weichenstellungen sind notwendig 

Die Planung, Entwicklung und der Bau von Fernwärmeleitungen haben eine lange Vorlaufzeit und sind zumeist mit der Stadt- und Siedlungsentwicklung abzustimmen. Heizsysteme von Haushalten weisen in der Regel eine Nutzungsdauer von rund 20 Jahren auf. Daher bedarf es bei Investitionsentscheidungen – von Energieversorgungsunternehmen und von Privatpersonen – einer entsprechenden Planungssicherheit. 

Im Dezember 2017 kündigte die Bundesregierung erstmals die Erarbeitung und Umsetzung einer österreichischen Wärmestrategie zur „Nutzung von erneuerbarer Wärme in der Wirtschaft, im öffentlichen Bereich und für private Haushalte“ an. Die Prüferinnen und Prüfer halten im Bericht kritisch fest, dass die im Dezember 2017 erstmals und seither wiederholt angekündigte Wärmestrategie bis zur Prüfung des Rechnungshofes nicht erstellt war. Damit gab es für den Bereich der Fernwärme und der Fernkälte keine definierten Umsetzungsstufen und Meilensteine zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele. 

Der Rechnungshof empfiehlt daher dem Klimaschutzministerium die rasche Fertigstellung der Wärmestrategie. Damit soll Planungssicherheit für alle im Wärmebereich tätigen Akteure geschaffen und der Förderbedarf der öffentlichen Hand für den Umstieg auf Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien planbar gemacht werden. 

Umstellung von Einzelanlagen offen 

Der österreichische Aufbau- und Resilienzplan für den Zeitraum 2020 bis 2026 sieht Förderungen für den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Heizsysteme und für einkommensschwache Haushalte vor. Von rund 4 Millionen Heizungsanlagen der österreichischen Haushalte waren zur Zeit der Prüfung rund 900.000 Erdgasheizungen und rund 500.000 Heizöl- und Flüssiggasheizungen. Gasheizungen sollen im Neubau spätestens ab dem Jahr 2025 verboten werden. Allerdings: Zu den im städtischen Bereich vorherrschenden Mehrparteienwohnhäusern, die zu einem Großteil über Gasheizungen beheizt werden, enthält der Aufbau- und Resilienzplan weder Zielvorgaben noch Fördermaßnahmen für einen „grünen Übergang“ in der Wärmeversorgung. Offen bleibt etwa, wie in Mehrparteienwohnhäusern eine Umstellung von Einzelanlagen (zum Beispiel Gasthermen) auf umweltfreundliche Gemeinschaftsanlagen (zum Beispiel Fernwärmeanschluss oder Wärmepumpe) erfolgen sollte. Denn: Sowohl der Anschluss an die Fernwärme als auch der Einbau von Wärmepumpen müssten sinnvollerweise für das gesamte Gebäude erfolgen. 

Vorhandene Fördermittel freigeben 

Der Rechnungshof hält fest, dass sich die Anzahl der Förderanträge im Zeitverlauf beständig erhöhte. Ende 2020 waren insgesamt 269 Anträge eingereicht. Bis Ende 2020 schloss die AWISTA GmbH 100 Förderverträge über ein Fördervolumen von rund 135 Millionen Euro ab. 169 Förderanträge mit einem Fördervolumen von rund 102 Millionen Euro befanden sich auf der Warteliste. Die Anzahl der abgeschlossenen Förderverträge zeigte Brüche, die mit der mangelnden Zuweisung von Fördermitteln beziehungsweise der fehlenden Freigabe durch das Klimaschutzministerium zusammenhingen. 

Die Prüferinnen und Prüfer kritisieren, dass die AWISTA GmbH in den Jahren 2016 und 2017 nur einen Fördervertrag abschließen konnte, da das Klimaschutzministerium entsprechende Mittel nicht freigab. 

Empfehlung: Angesichts der Bedeutung des Netzausbaus für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern sollte das Klimaschutzministerium die vorhandenen Fördermittel freigeben, um eine kontinuierliche Abwicklungstätigkeit sicherzustellen. 


Presseinformation: Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau


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Umfang: 
100 Seiten

Bericht: Förderungen für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsbau

Der Rechnungshof überprüfte von März bis Juni 2021 die Investitionsförderungen nach dem Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und bei der Abwicklungsstelle AWISTA GmbH. Ziel der Gebarungsüberprüfung war die Beurteilung der strategischen Vorgaben für den Fernwärme- und Fernkälteleitungsausbau, der Förderabwicklung durch die AWISTA GmbH, der Fördermittelbereitstellung und der durch die Förderung ausgelösten Umwelteffekte sowie der Aufgabenwahrnehmung und Aufsicht durch das Ministerium. Der überprüfte Zeitraum erstreckte sich von der Vergabe der Abwicklungstätigkeit im Jahr 2010 bis Ende 2020.

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