Rechnungshof sieht hohen Verbesserungsbedarf bei Leseförderung in den Schulen

31.01.2020 - Bei der Leseförderung in Österreich mischen viele Akteure mit, Schulstunden wurden gekürzt

Der Rechnungshof Österreich hat heute folgende Berichte vorgelegt:

Ein schlechtes Zeugnis stellt der Rechnungshof Österreich der Leseförderung an Volksschulen und Neuen Mittelschulen aus. Internationale und nationale Studien zeigen seit Jahren die Leseschwäche der Schülerinnen und Schüler auf. Eine umfassende Strategie zur Steigerung der Lesekompetenz wurde allerdings nicht eingeführt. Im Gegenteil: Viele Akteure mischen mit, Schulstunden wurden gekürzt. Und: Schulbibliotheken sind zum Teil noch mit Büchern der alten Rechtschreibung bestückt. Das zeigte die Prüfung des Rechnungshofes Österreich zur „Leseförderung an Schulen“ in den Schuljahren 2014/15 bis 2017/18. Geprüft wurden das Bildungsministerium sowie die Länder Salzburg und Niederösterreich.

Schulstunden wurden gekürzt

Ab dem Schuljahr 2003/04 wurden Schulstunden gekürzt: In der Volksschule von 92 auf 90 Wochenstunden, in der damaligen Hauptschule (heute Neue Mittelschule) von 127 auf 120 Wochenstunden. In der AHS-Unterstufe wurde von 126 auf 120 Wochenstunden reduziert. Im Hinblick auf die Grundkompetenz Lesen empfiehlt der Rechnungshof Österreich dem Bildungsministerium, diese Stundenkürzungen zu evaluieren.

Bis zu einem Viertel der Jugendlichen mit massiven Leseproblemen

Internationale Studien, wie der PISA-Test oder die PIAAC-Studie, aber auch nationale Bildungsstandardüberprüfungen bringen Leseschwierigkeiten in Österreich auf den Punkt. Die Bildungsstandardüberprüfung Deutsch im Schuljahr 2014/15 zeigte: Am Ende der Volksschule erreichten 13 Prozent der Kinder die Standards nicht. Diese Schülerinnen und Schüler hatten Probleme mit einfachsten Leseaufgaben. Besonders dramatisch zeigte sich die Analyse der Bildungsstandardüberprüfung Deutsch an Neuen Mittelschulen: 24 Prozent der Schülerinnen und Schüler der 8. Schulstufe hatten große Schwierigkeiten beim sinnerfassenden Lesen, 35 Prozent kamen nur mit einfachen Texten zurecht und nur 41 Prozent erreichten die Standards oder mehr. Die Zahlen beziehen sich auf das Schuljahr 2015/16.

Bildung wird in Österreich weiterhin vererbt, ein Fakt, der auch für das Lesen gilt, wie zahlreiche Studien und Tests zeigen. Buben, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder von Eltern mit niedriger Bildung lesen meist schlechter. Allerdings: Mit der Agenda 2030 hat sich Österreich verpflichtet, sicherzustellen, dass alle Kinder bis zum Jahr 2030 gleichberechtigt eine kostenlose und hochwertige Grund- und Sekundarschulbildung abschließen.

Zu viele Akteure, Salzburgs Schulen auf gutem Kurs

Das Bildungsministerium bemühte sich mit Projekten wie dem Österreichischen Rahmenleseplan, der Leseproblematik entgegenzusteuern. Zahlreiche Rahmenbedingungen in der Schulentwicklung sollten ebenso einen positiven Effekt zeigen. Der Rechnungshof Österreich vermisste hierbei jedoch strukturierte gesamthafte Konzepte. Zu den vielen Maßnahmen kam eine Vielzahl an Akteuren in der Leseförderung: von der pädagogischen Koordinationsstelle „Literacy“ des Ministeriums über verschiedene Institutionen, wie den Verein „Buch.Zeit“, bis zu Lesepatinnen und Lesepaten. Der Rechnungshof Österreich sieht die vielen Akteure in der schulischen Leseförderung zwar positiv, empfiehlt jedoch dem Ministerium, klare Strukturen zu schaffen und nach einer Bestandsaufnahme der Akteure die Aktivitäten zu bündeln.

Bereits 2007 gründete der Landesschulrat für Niederösterreich die „ARGE Lesen NÖ“, also die Arbeitsgemeinschaft Lesen. Im Unterschied zu Niederösterreich machte der Landesschulrat für Salzburg ab 2008 die Landesschulinspektorin zur Hauptverantwortlichen für das Thema Lesen. Der Rechnungshof Österreich sieht Salzburg hier auf dem richtigen Weg und empfiehlt daher den Bildungsdirektionen, eine zentrale Ansprechperson für den Bereich Lesen zu ernennen.

Bücher mit alter Rechtschreibung in Schulbibliotheken

Schulbibliotheken sind für die schulische Leseförderung besonders wichtig. Auch hier schnitt Salzburg besser ab. So verfügten etwa bei den Salzburger Volksschulen 72 Prozent über eigene Schulbibliotheken. In Niederösterreich waren es nur 46 Prozent und somit weniger als die Hälfte. In beiden geprüften Bundesländern standen sowohl in den Schulbibliotheken etlicher Volksschulen, aber auch in den Neuen Mittelschulen noch Bücher mit der alten Rechtschreibung. Eine zentrale Empfehlung des Rechnungshofes Österreich an die Bildungsdirektionen der beiden Länder lautet demnach: die Schulerhalter über die pädagogische Notwendigkeit eines Bibliotheksbestands nach der neuen Rechtschreibung zu informieren.

Presseinformation: Leseförderung an Schulen


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122 Seiten

Bericht: Leseförderung an Schulen

Der RH überprüfte von November 2018 bis Jänner 2019 das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Landesschulräte bzw. Bildungsdirektionen für Niederösterreich und für Salzburg sowie die Länder Niederösterreich und Salz­burg hinsichtlich der Leseförderung an Schulen.

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95 Seiten

Bericht: Studienwahl - Beratung und Information

Der RH überprüfte von September 2017 bis Jänner 2018 die Beratungs– und Informationsangebote zum Thema Studienwahl. Ziel der Gebarungsüberprüfung war es, Strategie und Ziele der Studienwahlberatung sowie die entsprechenden Angebote des damaligen Bildungs– und des damaligen Wissenschaftsministeriums sowie der Österreichischen Hochschüler_innenschaft zu beurteilen.

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Zentrale Empfehlungen

  1. Ein standardisiertes Berichtswesen über das Programm 18 plus als Informations­basis zur weiteren Programmentwicklung und –steuerung wäre einzuführen.
  2. Hinsichtlich der Maturantenberatung wäre zu klären, welche Leistungen im Bereich der Studienwahlberatung von der Österreichischen Hochschüler_innenschaft erbracht werden sollten. In weiterer Folge wären die mit der Österreichischen Hochschüler_innenschaft eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen entsprechend zu adaptieren. Im Zuge dessen wären auch Form und Inhalt der zu legenden Berichte der Österreichischen Hochschüler_innenschaft entsprechend festzulegen.
  3. Die Schulpsychologie wäre in die Steuerungsgruppe des Programms 18plus aufzunehmen.
  4. Die Notwendigkeit des gedruckten Studienführers wäre unter Bedachtnahme auf die Kosten–Nutzen–Relation und die bereits bestehenden Online–Angebote zu evaluieren.