Mangel an Bewerbungen für Pflichtschulleitungen in der Steiermark

05.11.2021 – Rechnungshof ortet Lücken in der Nachvollziehbarkeit bei Besetzungsvorgängen

Der Rechnungshof prüfte die Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark der Jahre 2015 bis 2020. Diese Sonderprüfung erfolgte aufgrund eines Verlangens von Abgeordneten des Landtags Steiermark. Kern des Interesses: Inwieweit Schulleitungsbesetzungen nach parteipolitisch motivierten Überlegungen und nicht nach objektiven Kriterien seit dem Jahr 2015 erfolgten.

In ihrem Bericht zeigen die Prüferinnen und Prüfer Mängel bei den Besetzungsvorgängen sowie bei den Begründungen für die Personalauswahl auf. Der Rechnungshof weist außerdem auf einen Engpass bei Bewerberinnen und Bewerbern für die Leitungsfunktion an den Pflichtschulen hin. Dieser spitzt sich weiter zu. Denn: Rund die Hälfte aller Pflichtschulleitungen der Steiermark werden in den nächsten zehn Jahren pensioniert.

Lücken in der Nachvollziehbarkeit

Mit der Bildungsreform 2017 wurden die bisher in den Ländern unterschiedlich geregelten Verfahren zur Besetzung von Pflichtschulleitungen durch ein bundesweit einheitliches Verfahren ersetzt. Daher wird zwischen dem „Verfahren ALT“ – dieses wurde bis Dezember 2018 betrieben – und dem „Verfahren NEU“ – ab 1. Jänner 2019  – unterschieden.
Bei der Überprüfung der Akten zu den 157 Verfahren zur Besetzung der Pflichtschulleitungen in der Steiermark der Jahre 2015 bis 2020 ortet der Rechnungshof Lücken in der Nachvollziehbarkeit: Mängel gab es etwa bei Begründungen für die Personalauswahl in den Gutachten und Ernennungsakten. Der Rechnungshof empfiehlt für die Mitglieder der Begutachtungskommissionen, insbesondere deren Vorsitzende, Weiterbildungsmaßnahmen zum Verfassen schlüssiger Gutachten anzubieten.

Bewerbungen ohne Konkurrenz

Schon im Vorfeld eines Besetzungsvorganges können wesentliche Weichen gestellt werden, etwa über die Betrauung mit einer Schulleitung. Bei einer Betrauung ist kein objektiviertes Auswahlverfahren vorgeschrieben. Die bereits betraute Leiterin beziehungsweise der bereits betraute Leiter hat jedoch eine vorteilhafte Ausgangssituation im Bewerbungsprozess. Von 2015 bis 2018 ging bei mehr als  der Hälfte aller Ernennungen zur Schulleitung eine Betrauung voraus. Oft blieben diese Bewerbungen ohne Konkurrenz: Nur in 43 Prozent dieser Ernennungen war die betraute Lehrperson nicht die einzige Kandidatin beziehungsweise der einzige Kandidat für den Job. Auch im „Verfahren NEU“ lässt sich eine Tendenz erkennen, bereits betraute Lehrpersonen zur Schulleitung zu ernennen.

Oft fehlt es an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern

In den Schuljahren 2015/16 bis 2019/20 wurden 157 Verfahren zu Pflichtschulleitungen abgewickelt, im Durchschnitt mit 1,3 bis 1,7 Bewerbungen. Bei 19 Verfahren langten in diesem Zeitraum keine Bewerbungen ein. Die Schulleitungen in zwei Neuen Mittelschulen mussten bis 2018 viermal beziehungsweise fünfmal ausgeschrieben werden, ohne besetzt werden zu können. Auch die Leitungsfunktion einer Volksschule blieb nach dem zweiten Ausschreibungsversuch vakant.
Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes empfehlen der Bildungsdirektion, proaktiv geeignete Lehrpersonen zu einer Bewerbung für eine Führungsrolle zu motivieren beziehungsweise entsprechende Personalentwicklungsmaßnahmen zu ergreifen, um in den Schulleitungsbesetzungsverfahren auf einen größeren Kandidatenpool zurückgreifen zu können.

Pensionierungswelle

Den Pflichtschulen der Steiermark steht eine Pensionierungswelle bevor: Bis 2030 werden etwa 52 Prozent aller Pflichtschulleitungen in die Pension übertreten. Der Rechnungshof weist kritisch darauf hin, dass in der Bildungsdirektion keine Prognosen des mittel- und langfristigen Pflichtschulleitungsbedarfs vorlagen.

Presseinformation: Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark

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88 Seiten

Bericht: Besetzung von Pflichtschulleitungen in der Steiermark

Der Rechnungshof überprüfte von Juni bis September 2020 die Besetzung der Pflichtschulleitungen in der Steiermark. Diese Sonderprüfung erfolgte aufgrund eines Verlangens von Abgeordneten des Landtags Steiermark. Prüfungsziele waren die Beantwortung der Fragestellung des Prüfungsverlangens, die Beurteilung der Rechtmäßigkeit und des Prozesses der Besetzungsverfahren für Pflichtschulleitungen in der Steiermark sowie der Bewerbungssituation, der Verfahrensdauer und der finanziellen Entwicklung. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2015 bis 2020.

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