Rechnungshof kritisiert nicht nachvollziehbare Entscheidungen bei der Medienarbeit in Ministerien
Der Rechnungshof prüfte die Kostentransparenz in der Medienarbeit im Bundeskanzleramt, im Finanzministerium und im vormaligen Verkehrs- und nunmehrigen Klimaschutzministerium. Insgesamt gaben die drei Ministerien in den Jahren 2019 bis 2021 108,02 Millionen Euro für ihre Medienarbeit aus. Trotz dieses hohen Mitteleinsatzes war nicht ausreichend gewährleistet, dass die verfassungsrechtlich vorgegebenen Gebarungsgrundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Medienarbeit beachtet wurden. Das stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht "Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Klimaschutzministerium" fest. Dafür nahmen die Prüferinnen und Prüfer ausgewählte Kampagnen und Medienkooperationen unter die Lupe.
Einige der Feststellungen: Das Bundeskanzleramt und das Finanzministerium änderten Schaltpläne für Anzeigen auch zugunsten parteinaher Medien. Das Finanzministerium beauftragte Agenturen mittels Direktvergabe, ohne Vergleichsangebote einzuholen. Das Klimaschutzministerium hatte keinen konsolidierten Überblick über die wesentlichen Aufwendungen für Medienarbeit. Es beauftragte Agenturen mit Beratungsleistungen zu Klimaticket und Klimarat. Außerdem hatte keines der drei Ministerien eine Kommunikationsstrategie. Eine Kommunikationsstrategie, die unter anderem die Ermittlung des grundsätzlichen Bedarfs vorgibt, würde aber die Nachvollziehbarkeit des Mitteleinsatzes erhöhen. Und: Medienkampagnen und -schaltungen dürfen keine Instrumente der Medienfinanzierung oder Politikwerbung sein, hält der Rechnungshof fest. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2021.
Budget für Medienschaltungen versiebenfacht
Für Schaltungen in Medien, inklusive Anzeigenplanung, zogen die Ministerien Schaltagenturen, also spezialisierte Agenturen, heran. Diese wurden in der Regel über besondere Rahmenvereinbarungen der Bundesbeschaffung GmbH beauftragt. Eine dieser Rahmenvereinbarung für Medienschaltungen umfasste für den Zeitraum von April 2021 bis April 2025 ein Volumen von 180 Millionen Euro. Obwohl sich das Volumen damit im Vergleich zur zeitlich davor liegenden Rahmenvereinbarung mehr als versiebenfachte – deren Volumen hatte sich auf 25 Millionen Euro belaufen –, fehlte eine sachlich nachvollziehbare Grundlage für dieses Auftragsvolumen.
Nachträgliche Buchungen, Änderung von Schaltplänen
Eine zentrale Aufgabe der Schaltagenturen ist es, einen Schaltplan zu erstellen. Dieser legt fest, in welchen Medien, in welchem Umfang und wann beziehungsweise wie lange eine Kampagne geschaltet wird. Das Bundeskanzleramt änderte – unter Mitwirkung der Stabsstelle Medien – in mehreren Fällen ohne weitere Begründung die Schaltpläne, die von den Agenturen vorgeschlagen wurden – auch zugunsten parteinaher Medien. Bei der Stabsstelle Medien stellte der Rechnungshof ebenfalls mangelnde aktenmäßige Dokumentation der Tätigkeit fest, etwa bei der Erstellung einer Broschüre mit Gesundheitsinformationen zu COVID-19 im Juli 2021. Unter anderem war das E-Mail-Postfach der Stabsstelle laut Angaben des Bundeskanzleramts gelöscht worden. Die Stabsstelle Medien wurde Ende 2021 aufgelöst.
Auch das Finanzministerium erweiterte mehrere von der Schaltagentur vorgeschlagene Schaltpläne. Es beauftragte zudem nachträgliche Buchungen in Magazinen, für die zunächst kein Budget vorgesehen war. Unter diesen Buchungen waren auch solche für parteinahe Medien. Eine Begründung dafür dokumentierte das Finanzministerium nicht.
Klimaschutzministerium: Mangelnder Überblick über Aufwendungen
Das Klimaschutzministerium hatte keine konsolidierten Aufzeichnungen zu den wesentlichen Aufwendungen für Medienarbeit. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass sich in diesem Ministerium die Verantwortung für die operative Medienarbeit auf mehrere Organisationseinheiten aufteilte. Es hatte auch keinen Gesamtüberblick über den Aufwand für die 71 Websites, die es Anfang des Jahres 2023 betrieb. Für deren Entwicklung, Wartung, Betrieb und redaktionelle Betreuung setzte es 36 externe Dienstleister ein.
Kommunikationsstrategie fehlte in allen drei Ministerien
In allen drei Ministerien fehlten klare strategische Vorgaben für die Medienarbeit; Kommunikationsziele, Inhalte, Zielgruppen, Kommunikationskanäle und interne Rollen waren nicht festgelegt. Erfolgskontrollen der einzelnen Kampagnen wurden nur vereinzelt vorgenommen. Medienkooperationen wurden, teilweise auch bei Auftragswerten über 100.000 Euro, über Direktvergaben beauftragt. Der Bedarf und die Gründe für die Auswahl des jeweiligen Kooperationspartners waren nicht durchgängig dokumentiert. Aus Sicht des Rechnungshofes sollten die Ministerien nicht nur eine Kommunikationsstrategie erarbeiten. Sie sollten auch Arbeitsabläufe festlegen, vor allem, um den grundsätzlichen Bedarf einer Medienkampagne und -kooperation und um das konkrete Informationsbedürfnis zu ermitteln. Sie sollten Kommunikationsziele und Zielgruppen sowie Arbeitsabläufe für Erfolgskontrollen definieren. Das würde die Nachvollziehbarkeit des Mitteleinsatzes erhöhen.
Transparenz des Mitteleinsatzes erhöhen
Rechtsträger, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, müssen der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) jedes Quartal melden, in welchen periodischen Medien sie Anzeigen geschaltet und wie viel diese gekostet haben. Schaltungen unter 5.000 Euro pro Quartal und Medium sowie Schaltungen in nicht-periodischen Medien waren von der Meldepflicht ausgenommen. Insgesamt meldeten die überprüften Ministerien von 2019 bis 2021 zwischen acht und elf Prozent der an Medien ausbezahlten Entgelte nicht an die KommAustria. Gründe für die Differenz waren die Ausnahmen von der Meldepflicht und fehlerhafte Meldungen der überprüften Ministerien. Die Änderung des Medientransparenzgesetzes im April 2023 kann dazu beitragen, die Transparenz in diesem Bereich weiter zu erhöhen. Denn nun entfallen unter anderem die Ausnahmeregelungen in Bezug auf Schaltungen unter 5.000 Euro und in nicht-periodischen Medien.
Medienkampagnen dürfen keine Instrumente der Politikwerbung sein
Das System der Presseförderung war nicht Gegenstand der Gebarungsüberprüfung. Der Rechnungshof hält grundsätzlich fest, dass den Medien in einer demokratischen Gesellschaft eine zentrale Rolle zukommt: Sie informieren die Bürgerinnen und Bürger unter anderem über das politische Geschehen und sollen so zu einem von Argumenten getragenen öffentlichen Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen beitragen. Zugleich schaffen sie – gleichsam im Sinne einer kontrollierenden vierten Staatsgewalt – Transparenz und Nachvollziehbarkeit im staatlichen Handeln. Das System der Presseförderung hat daher vor allem eine qualitative und auf journalistischer Sorgfalt beruhende Berichterstattung in den Mittelpunkt zu stellen, die die Meinungsvielfalt und den sachlichen öffentlichen Diskurs ermöglicht. Medienkampagnen und -schaltungen dürfen keine Instrumente der Medienfinanzierung oder Politikwerbung sein. Medienkampagnen und-schaltungen der öffentlichen Hand sind nur bei entsprechendem Bedarf durchzuführen; Inhalt, Umfang und die Wahl des Mediums sind ausschließlich an der für die Zielgruppe gebotenen Information zu orientieren.
Die Kostentransparenz in der Medienarbeit prüft der Rechnungshof auch bei der Stadt Wien. Dazu wird es einen eigenen Bericht geben, der sich mit dem Presse- und Informationsdienst der Stadt befasst.
Presseinformation: Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Klimaschutzministerium
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- 3,345.1 KB
- Umfang:
- 104 Seiten
Bericht: Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Klimaschutzministerium
Der Rechnungshof überprüfte die Kostentransparenz in der Medienarbeit im Bundeskanzleramt, im Finanzministerium und im vormaligen Verkehrs- bzw. nunmehrigen Klimaschutzministerium. Prüfungsziel war insbesondere die Beurteilung der Organisation, Planung und Durchführung von Medienkampagnen, -schaltungen und -kooperationen, der Hinzuziehung von Medienagenturen für Schalt- und Kreativleistungen sowie der Einhaltung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2021; vereinzelt bezog der Rechnungshof auch Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums mit ein.