Rechnungshof zeigt Schwierigkeiten bei Stadtentwicklungsprojekten in Bregenz auf

29.01.2021 - Rechnungshof hat die Stadtentwicklung und Stadtplanung von Bregenz geprüft

Karte zeigt Stadtteil von Bregenz und die geplanten Areale - Copyright: iStock.com/reach-art (x2); Quelle: Landeshauptstadt Bregenz; Darstellung: RH

In seinem heute veröffentlichten Bericht „Stadtentwicklung und Stadtplanung Bregenz“ zeigt der Rechnungshof Schwierigkeiten bei der Planung für die Areale Seestadt und Seequartier in Bregenz auf. Hinter den – derzeit noch im Planungsstadium befindlichen – Projekten stehen private Unternehmen. Die Stadt hat im Wesentlichen nur Einfluss im sogenannten hoheitlichen Bereich, also bei der Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung.

Die richtungsweisende Masterplanung für das Seestadtareal war in den Jahren 2007 bis 2009 grundsätzlich zweckmäßig. Im weiteren Projektverlauf ermöglichte die Stadt jedoch deutliche Änderungen der Projekte gegenüber dem Masterplan. Die Ziele des Generalverkehrskonzepts 2014 zur Verkehrsmittelwahl erreichte Bregenz größtenteils. Prüfzeitraum waren hauptsächlich die Jahre 2013 bis 2018.

Wichtiger Verkehrsknotenpunkt

In Bregenz sind die Areale Seestadt und Seequartier – abgesehen vom Bahnhof – die letzten großflächigen unbebauten Entwicklungsräume in Innenstadtnähe. Seit Jahrzehnten ist das 9.000 Quadratmeter große Areal Seestadt Gegenstand von Planungen. 2007 wurde das danebenliegende 19.000 Quadratmeter große Seequartier – Grundeigentümer ist die ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft – in die Planung miteinbezogen. Entstehen sollte ein Handels-, Büro- und Wohnquartier sowie ein moderner Umstiegspunkt für den öffentlichen Personenverkehr samt neuem Bahnhofsgebäude. Ein „urbanes Stadtzentrum“ mit Freiflächen, das ein Bindeglied zwischen Innenstadt, Bodenseeufer, Festspielhausbezirk, Bahnhof und angrenzenden Stadtvierteln ist.

Bregenz hat nur begrenzt Einfluss

Zur Zeit der Prüfung standen hinter beiden Projekten zwei private Unternehmen beziehungsweise Investorengruppen: Unternehmen Q und Unternehmen S. Vor Anteilsabtretungen war das Unternehmen S in öffentlicher Hand. Das Unternehmen S hat die Rechte zur Verwertung und kommerziellen Nutzung der Seestadt-Grundstücke. Mangels eigener Bauflächen hatte die Stadt im Wesentlichen nur noch Einfluss im hoheitlichen Bereich – vor allem über die Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung – und über privatrechtliche Vereinbarungen mit den Unternehmen.
Die Stadt Bregenz, das Unternehmen S und die ÖBB beauftragten einen Masterplan für das Seestadtareal. Die Masterplanung für das Seestadtareal von 2007 bis 2009 war grundsätzlich zweckmäßig. Der Rechnungshof hält jedoch kritisch fest, dass die Stadt – abgesehen von den maximalen Gebäudehöhen – darin keine Zielvorgaben hinsichtlich der Bebauungsdichte oder einer Mindestgröße der öffentlichen Plätze festlegte. Für die Entwicklung der beiden Areale fielen für die Stadt in den Jahren 2008 bis 2018 Ausgaben in Höhe von rund 876.000 Euro an.

Zulässige Gebäudehöhen erhöht

Den auf den Masterplan aufbauenden Flächenwidmungs- und Teilbebauungsplan änderte die Stadt mehrmals. Gründe dafür waren vor allem detaillierte, beziehungsweise geänderte Pläne, auch der Unternehmen. Die Stadt hob zwischen den Jahren 2009 und 2015 die maximal ausnutzbaren Gebäudehöhen sukzessive an. Beim Projekt Seestadt reduzierte sie die Flächen mit öffentlichen Nutzungsrechten um nahezu 40 Prozent. Auch der Mindest-Wohnungsflächenanteil beim Projekt Seestadt wurde verringert. Die gewidmeten Verkaufsflächen waren demgegenüber deutlich größer als im Masterplan empfohlen. Für den Rechnungshof sind bei komplexen, öffentlich wirksamen Vorhaben Abstimmungen zwischen der Stadt und den Projektwerbern grundsätzlich zweckmäßig. Allerdings sollten der Flächenwidmungs- und der Bebauungsplan als hoheitliche Raumplanungsinstrumente die Rahmenbedingungen vorgeben.

Der Rechnungshof empfiehlt der Stadt Bregenz, die maximalen Gebäudehöhen für die Seestadt und das Seequartier zu evaluieren, insbesondere auch hinsichtlich ihrer Verträglichkeit mit der bestehenden Stadtstruktur. Außerdem sollte sie bei den weiteren Planungen für die Seestadt auf einen höheren Anteil an öffentlich nutzbaren Flächen hinwirken und die Größe der gewidmeten Verkaufsflächen sowie den Wohnungsflächenanteil evaluieren.

Ziele des Generalverkehrskonzepts weitgehend erreicht

Im Rahmen dieser Prüfung befasste sich der Rechnungshof auch mit den städtebaulichen und verkehrlichen Zielen der Stadt. Es zeigt sich: Die Ziele des Generalverkehrskonzepts 2014 zur Verkehrsmittelwahl erreichte Bregenz weitgehend. So ging der motorisierte Individualverkehr von 37 Prozent im Jahr 2008 auf 30 Prozent im Jahr 2017 zurück. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs sowie des Rad- und Fußverkehrs lag 2017 mit 63 Prozent deutlich über dem Durchschnitt (51 Prozent) der größeren Gemeinden im Zentralraum Vorarlberg.

Verzicht auf Zweitwohnsitzabgabe

Bregenz hob die Zweitwohnsitzabgabe zur Zeit der Prüfung nicht ein. Die Begründung: Mit der dafür notwendigen Erhebung des tatsächlichen Nutzungszwecks von Wohnungen sei ein hoher Verwaltungsaufwand verbunden. Die Zweitwohnsitz-abgabe ist jedoch ein geeignetes Instrument zur Erreichung raumplanerischer Ziele, weil als Ferienwohnungen genutzte Objekte dem allgemeinen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Zudem entging der Stadt ein Ausgleich für Kosten durch Zweitwohnsitze. Der Rechnungshof anerkennt das Engagement der Stadt, eine besser vollziehbare landesgesetzliche Regelung zu erwirken.

Presseinformation: Stadtentwicklung und Stadtplanung Bregenz

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Umfang: 
122 Seiten

Bericht: Stadtentwicklung und Stadtplanung Bregenz

Der Rechnunghof überprüfte von Oktober 2018 bis Juni 2019 die Stadtentwicklung und die Stadtplanung der Landeshauptstadt Bregenz. Prüfungsziel war es, die Ziele und die besonderen Herausforderungen der Stadtentwicklung und Stadtplanung darzustellen und die Organisation, die eingesetzten Instrumente, die Zielerreichung, die Abstimmung mit den Umlandgemeinden sowie die Steuerung der Projekte im Seestadtareal zu beurteilen.

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