Grundversorgung: Rechnungshof zeigt Verbesserungsbedarf auf

16. August 2024 – Von 15 überprüften Empfehlungen wurden sechs zur Gänze umgesetzt

Der Rechnungshof veröffentlichte heute den Bericht „Grundversorgung; Follow-up-Überprüfung beim Bundesministerium für Inneres“. Bereits im 2021 erschienenen Bericht „Grundversorgung in Wien“ hatte er empfohlen, ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes Konzept für Fälle steigender Asylantragszahlen zu entwickeln. Dieses war jedoch nach wie vor ausständig. Auch für eine Anpassung bei der Versorgung subsidiär Schutzberechtigter wurde kein Konsens gefunden. Das Innenministerium setzte im Wesentlichen jene Empfehlungen aus dem ersten Bericht um, die ausschließlich in seinem Einflussbereich lagen. Offen blieben hingegen vor allem jene Empfehlungen, die die Weiterentwicklung des Grundversorgungssystems in Abstimmung mit den Ländern betrafen. Von 15 überprüften Empfehlungen wurden vom Innenministerium sechs zur Gänze, fünf teilweise und vier nicht umgesetzt. Geprüft wurden im Wesentlichen die Jahre 2019 bis 2023.  

Personen in Grundversorgung

Für die Dauer des Zulassungsverfahrens, in dem geklärt wird, ob Österreich für das weitere Asylverfahren zuständig ist, hat das Innenministerium die Grundversorgung von Asylwerbenden in Bundeseinrichtungen zu gewährleisten. Nach Zulassung zum Verfahren wird die Person der Grundversorgung eines Landes zugewiesen. Zielgruppen der Grundversorgung sind im Wesentlichen Personen im Asylverfahren, Asylberechtigte während der ersten vier Monate nach Rechtskraft der Entscheidung sowie subsidiär Schutzberechtigte.

Subsidiären Schutz erhalten Personen, deren Asylantrag abgewiesen wurde, deren Leben und Gesundheit jedoch im Herkunftsstaat bedroht ist; von ihnen waren im überprüften Zeitraum 7.500 bis 10.000 in der Grundversorgung.

Insgesamt war die Zahl der Personen in Grundversorgung in Österreich Mitte 2023 mit etwa 85.000 ähnlich hoch wie in den Jahren 2015/16. Die durchschnittliche Verweildauer in der Grundversorgung lag bei mehr als 1.000 Tagen. Das Land Wien versorgte mit 79 Prozent aller subsidiär Schutzberechtigten in Grundversorgung den größten Anteil.

Rechtliche Bedingungen für subsidiär Schutzberechtigte weitgehend unverändert

Subsidiär Schutzberechtigte sind Asylberechtigten weitgehend gleichgestellt. Sie haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt, die  Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes und freien Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Quotenregelung für die Aufteilung der Personen in Grundversorgung zwischen den Ländern ist damit nicht vereinbar. Die Möglichkeit, ins Ausland zu reisen, bringt Herausforderungen in der Abwicklung mit sich.

Der Rechnungshof hatte dem Innenministerium und dem Land Wien bereits im 2021 veröffentlichten Bericht empfohlen, gemeinsam mit den anderen Ländern geeignete Rahmenbedingungen für subsidiär Schutzberechtigte außerhalb der Grundversorgung zu schaffen. In seiner heute veröffentlichten Follow-up-Überprüfung stellt er keine wesentliche Veränderung bei den rechtlichen Rahmenbedingungen für subsidiär Schutzberechtigte fest. Der Rechnungshof erkennt an, dass das Innenministerium gemeinsam mit den Ländern alternative Lösungen entwickelte. Eine Einigung gelang allerdings nicht.

Abgestimmtes Konzept für steigende Asylzahlen fehlt

Die starke Fluktuation von Personen in Grundversorgung ist eine wesentliche Herausforderung für die Unterbringung. Das zeigte sich in den Jahren  2015/16: Damals hatte das Innenministerium unter Zeitdruck für die Betreuung, Unterbringung  und Versorgung Verträge mit privaten Anbietern und Nichtregierungsorganisationen abgeschlossen, an die es zum Teil langfristig gebunden war. Der Rechnungshof hatte dem Innenministerium daher empfohlen, gemeinsam mit den Ländern und gegebenenfalls mit den Nichtregierungsorganisationen sowie den Gemeinden ein Konzept hinsichtlich einer effektiven und wirtschaftlichen Vorgehensweise bei einem erneuten Ansteigen der Zahl der Asylwerbenden zu entwickeln und daran angepasste Verträge mit den Vertragspartnern abzuschließen. Auch hier stellte der Rechnungshof Bemühungen fest; so arbeitete das Innenministerium anlassbezogen mit den Ländern verstärkt zusammen. Aber: Ein zwischen Bund und Ländern abgestimmtes Konzept für Fälle steigender Asylzahlen fehlte nach wie vor.

Aufwändiger Verhandlungs- und Umsetzungsprozess

Nach wie vor fehlte auch der Überblick über die tatsächlichen Gesamtkosten der Grundversorgung. Zudem gibt es keinen einheitlichen und zweckmäßigen Mechanismus zur Anpassung der pauschalen Kostenhöchstsätze in der Grundversorgung. Anpassungen erfordern weiterhin einen aufwändigen Verhandlungs- und Umsetzungsprozess. Das Innenministerium und das Land Wien setzten aber mit einer Vereinbarung zur gegenseitigen Verrechnung von Realkosten einen zweckmäßigen Schritt in Richtung der vom Rechnungshof empfohlenen Verrechnung auf Basis tatsächlicher Kosten. Er empfiehlt, auf eine bundesweite Umsetzung eines solchen Modells hinzuwirken.

Der Rechnungshof hatte  festgestellt, dass das zur Abwicklung der Grundversorgung von Bund und Ländern eingesetzte Betreuungsinformationssystem – auch altersbedingt – Defizite aufwies. Diese erschwerten Administration, Abrechnung und Kontrolle. Eine Neuprogrammierung scheiterte zunächst, weil sich Bund und Länder zu den Kosten nicht einigen konnten. Unter Verweis auf das „latente Sicherheits- und Ausfallsrisiko“ erteilte das Innenministerium schließlich im Mai 2023 den Auftrag zur Modernisierung des Betreuungsinformationssystems, ohne dass die Zustimmung aller Länder zur Kostenbeteiligung vorlag.

Presseinformation: Grundversorgung; Follow-up-Überprüfung beim Bundesministerium für Inneres


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68 Seiten

Bericht: Grundversorgung; Follow-up-Überprüfung beim Bundesministerium für Inneres

Der Rechnungshof überprüfte von September bis November 2023 den Stand der Umsetzung von Empfehlungen aus seinem Vorbericht „Grundversorgung in Wien“ (Reihe Bund 2021/8). Dabei legte er den Fokus auf das Bundesministerium für Inneres und auf die an das Ministerium – gegebenenfalls gemeinsam mit dem Land Wien bzw. den Ländern – ergangenen Empfehlungen

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