Zahlreiche ungelöste Herausforderungen bei der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes

23. Februar 2024 – Rechnungshof stuft fachlich fundierte Ausbildung als essentiell ein

Die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes ist für Untersuchungen nach Unfällen in der Zivilluftfahrt, im Schienen- und Schiffsverkehr sowie bei Seilbahnen zuständig. Sie steht vor zahlreichen Herausforderungen, die sie dabei hemmen, Sicherheitsuntersuchungen effizient und unabhängig durchzuführen. Das stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes“ fest. So befindet sich die Sicherheitsuntersuchungsstelle in einem Spannungsfeld: Sie ist eine nachgeordnete Dienststelle des Klimaschutzministeriums und kann in einigen Bereichen, etwa Personal, Ausbildung oder Budget, nicht völlig unabhängig agieren. Ihre Unabhängigkeit ist aber unionsrechtlich und im Unfalluntersuchungsgesetz normiert. Es gab zwar Überlegungen, die Sicherheitsuntersuchungsstelle zu reorganisieren, das Klimaschutzministerium räumte dem jedoch bisher keine Priorität ein.

Zu den Herausforderungen zählt auch, dass die Qualifikation der Untersuchungsbeauftragten großteils noch nicht ausreichte, um ohne Zukauf von externem Fachwissen qualitativ hochwertige Untersuchungen durchzuführen, wie eine interne Evaluierung der Sicherheitsuntersuchungsstelle im Jahr 2020 ergab. Und: Die Sicherheitsuntersuchungsstelle war in der Vergangenheit mit negativer medialer Berichterstattung konfrontiert, unter anderem wegen der langen Dauer von Unfalluntersuchungen. Diesbezüglich stellt der Rechnungshof eine Verbesserung fest: Die durchschnittliche Untersuchungsdauer, etwa im Fachbereich Zivilluftfahrt, konnte ab dem Jahr 2017 von 27 auf 15 Monate verkürzt werden. Sie lag aber nach wie vor über dem Zielwert von zwölf Monaten. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2022.

Unabhängigkeit der Sicherheitsuntersuchungsstelle sicherstellen

Die Sicherheitsuntersuchungsstelle ging im Jahr 2017 aus der Bundesanstalt für Verkehr hervor. Sie untersucht Unfälle und schwere Störungen in der Zivilluftfahrt sowie in den Verkehrsbereichen Schiene, Schifffahrt und Seilbahnen. Zweck der Sicherheitsuntersuchungen ist die Klärung der Unfall- und Störungsursachen, um Sicherheitsempfehlungen auszuarbeiten. Diese sollen dazu beitragen, dass gleichartige Vorfälle zukünftig vermieden werden. Die Klärung von Schuld- oder Haftungsfragen ist ausdrücklich nicht Ziel der Sicherheitsuntersuchungen.

Das Unionsrecht und das Unfalluntersuchungsgesetz legen fest, dass die Sicherheitsuntersuchungsstelle unabhängig zu agieren hat. Als nachgeordnete Dienststelle des Klimaschutzministeriums ist die Sicherheitsuntersuchungsstelle der Sektion IV (Verkehr) des Ministeriums zugordnet. Die Obersten Verkehrsbehörden sind ebenfalls im Ministerium eingegliedert und konnten auch selbst Beteiligte in Untersuchungsverfahren sein. Der Rechnungshof weist kritisch darauf hin, dass interne Abhängigkeiten der Sicherheitsuntersuchungsstelle etwa beim Stellenplan, der Personalauswahl sowie der Aus- und Weiterbildung der Untersuchungsbeauftragten in einem Spannungsfeld zu der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit stehen. Diese ist durch einen geeigneten organistorischen Rahmen und Klarstellung der federführenden Verantwortung sicherzustellen, empfehlen die Prüferinnen und Prüfer.

Rückstau bei Untersuchungen, teure Altfälle

Die endgültigen Untersuchungsberichte der Sicherheitsuntersuchungsstelle sollten so rasch wie möglich und nicht später als zwölf Monate nach dem Vorfall veröffentlicht werden.

Im Fachbereich Zivilluftfahrt verkürzte sich die durchschnittliche Untersuchungsdauer für neu eingeleitete Untersuchungen von 27 Monaten im Jahr 2017 auf 15 Monate im Jahr 2021. Im Zeitraum 2017 bis 2022 leitete die Sicherheitsuntersuchungsstelle bei 59 Vorfällen eine Untersuchung ein. Zusätzlich hatte sie rund 120 Altfälle aus den Jahren 1999 bis 2016 abzuarbeiten. Der Rückstau ergab sich unter anderem aus Personalengpässen und Verlust von Daten bei der Übertragung der Aufgaben von der vormaligen Bundesanstalt für Verkehr auf die Sicherheitsuntersuchungsstelle. So musste eine Festplatte mit Unterlagen zu Untersuchungsgegenständen als verschollen angesehen werden, weil sie nicht mehr auffindbar war.
Der Rechnungshof empfiehlt: Die Sicherheitsuntersuchungsstelle soll in Teams arbeiten, um beispielsweise Stillstand bei längeren Abwesenheiten der Untersuchungsleitungen zu vermeiden. Bisher waren für die Recherche der Ursachen der Unfälle sowie für die Erstellung der Untersuchungsberichte die jeweils leitenden Untersuchungsbeauftragten allein zuständig.

Außerdem zeigt sich: Die Auszahlungen für den Zukauf von externen Leistungen, wie etwa Sachverständigen-Gutachten, für die Bearbeitung von Altfällen aus den Jahren 1999 bis 2016 im Fachbereich Zivilluftfahrt waren mit rund 360.000 Euro um 89 Prozent höher als bei den Untersuchungen, die zwischen 2017 und 2022 eingeleitet wurden. Für diese fielen rund 190.000 Euro an.
Erhebliche Mehrkosten können auch entstehen, wenn eine Untersuchung wieder aufgenommen werden muss, gibt der Rechnungshof zu bedenken – etwa, weil Bedienstete der Sicherheitsuntersuchungsstelle einer Nebenbeschäftigung nachgehen und dadurch eine Befangenheit oder Unvereinbarkeit entsteht. Sofern eine Nebenbeschäftigung die Bediensteten an der Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben hindert, die Vermutung einer Befangenheit hervorruft oder sonstige dienstliche Interessen gefährdet, ist die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung zu untersagen.

Sicherheitsuntersuchungsstelle soll Reorganisation und fachlich fundierte Ausbildung vorantreiben

In der Sicherheitsuntersuchungsstelle fand im ersten Halbjahr 2020 eine interne Evaluierung statt. Auf Basis dessen stellte die Leitung fest, dass die Struktur der Sicherheitsuntersuchungsstelle nur bedingt geeignet erschien, Unfälle und schwere Störungen zeitgerecht, effizient und in der geforderten Qualität untersuchen zu können. Beispielsweise reichte die Qualifikation der Untersuchungsbeauftragten großteils noch nicht aus, um ohne Zukauf von externem Fachwissen qualitativ hochwertige Untersuchungen durchzuführen. Das Reorganisationskonzept, das daraufhin erstellt wurde, setzten das Klimaschutzministerium und die Sicherheitsuntersuchungsstelle nur in Ansätzen um. Die Prüferinnen und Prüfer empfehlen, das vorhandene Reorganisationskonzept auf der Grundlage von Nutzen-Kosten-Erwägungen zu aktualisieren und umzusetzen. Ebenso ist eine gemeinsame Aus- und Weiterbildungsmatrix für die Untersuchungsbeauftragten der Sicherheitsuntersuchungsstelle zu erarbeiten. Der Rechnungshof stuft eine hochwertige und fachlich fundierte Ausbildung für die Tätigkeit der Untersuchungsbeauftragten der Sicherheitsuntersuchungsstelle als essenziell ein. Er erachtet eine ab 2018 eingeleitete Ausbildungsoffensive als zweckmäßig.


Presseinformation: Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes


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104 Seiten

Bericht: Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes

Der Rechnungshof überprüfte von November 2022 bis März 2023 die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes – diese war eine nachgeordnete Dienststelle des Klimaschutzministeriums – sowie das Klimaschutzministerium selbst im Hinblick auf die Tätigkeit der Sicherheitsuntersuchungsstelle. Prüfungsziel war, die Aufgabenerfüllung und ihre Übereinstimmung mit europäischen und nationalen Rechtsnormen zu beurteilen, weiters die zeitgerechte und effiziente Erstellung von Untersuchungsberichten, die Eignung des Personals in quantitativer sowie qualitativer Hinsicht sowie allfällige Interessenkonflikte bei Nebenbeschäftigungen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2022; in Einzelfällen berücksichtigte der Rechnungshof auch Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums.

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