Kinderbetreuung: Rückschritte bei der Väterbeteiligung
Kinderbetreuungsgeld-Konto, Partnerschafts- und Familienzeitbonus: Vor allem für Geburten ab 1. März 2017 wurden Maßnahmen zur Erhöhung der Väterbeteiligung gesetzt. Doch diese verfehlten ihre Wirkung: 2022 entfielen nur 4,1 Prozent aller Anspruchstage beim Bezug des Kinderbetreuungsgeldes auf Männer – insgesamt sank die Beteiligung der Väter von 2016 bis 2022. Die Betreuungspflichten sind somit nach wie vor erheblich ungleich verteilt. Der Rechnungshof empfiehlt weitergehende Maßnahmen zur Erhöhung der Väterbeteiligung. Auch bei der Kinderbetreuung gibt es Handlungsbedarf. Denn: Nur wenn leistbare Kinderbetreuungsangebote vorhanden sind, haben Frauen „eine echte Wahlmöglichkeit zwischen Kinderbetreuung durch sie selbst und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit“, heißt es in der heute veröffentlichten Follow-up-Überprüfung „Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz“. Acht von 13 überprüften Empfehlungen aus dem 2020 veröffentlichten Bericht wurden teilweise oder zur Gänze umgesetzt; Anspruchsvoraussetzungen werden nun etwa automatisiert abgeklärt. Geprüft wurden die Jahre 2017 bis 2022.
Nur etwa jeder 25. Anspruchstag entfiel 2022 auf einen Mann
Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos, dem Partnerschafts- sowie Familienzeitbonus sowie der Möglichkeit, dass das Kinderbetreuungsgeld von beiden Eltern gleichzeitig bezogen werden kann, sollte die Väterbeteiligung erhöht werden. Tatsächlich sank die Beteiligung der Väter am Kinderbetreuungsgeldbezug von 2016 bis 2022 um 7 Prozent.
2022 entfielen rund 95,9 Prozent der Anspruchstage beim Kinderbetreuungsgeld auf Frauen, rund 4,1 Prozent auf Männer. Anders ausgedrückt: Nur etwa jeder 25. Anspruchstag wurde von einem Mann genutzt. Der Rechnungshof empfiehlt weitergehende Maßnahmen zur Erhöhung der Väterbeteiligung.
Frauen tragen langfristige finanzielle Folgen
Ein Ziel des Regierungsprogramms 2020-2024 war, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern unter drei Jahren stieg zwar von 29 Prozent im Jahr 2010 auf 42 Prozent im Jahr 2022 – jene der Männer war im Jahr 2022 mit 93 Prozent allerdings wesentlich höher. Damit ist auch aus den Arbeitsmarktdaten ableitbar: Frauen übernehmen den Hauptteil der Betreuungspflichten und tragen die damit verbundenen, langfristigen finanziellen Folgen.
Rascher Wiedereinstieg: Ziel nur eingeschränkt erreicht
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 1,186 Milliarden Euro für Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz aufgewandt; davon entfielen 644,96 Millionen Euro auf die immer beliebter werdende Variante – das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld. 2010 wurde das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld eingeführt. Es hatte unter anderem die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Ziel; der relativ rasche Wiedereinstieg ins Erwerbsleben sollte finanziell attraktiviert werden. 2022 wählten 60 Prozent der unselbstständig erwerbstätigen Frauen diese Variante. Die überwiegende Mehrheit blieb nach Ende des Bezugs jedoch weiterhin in Karenz. Die Intention des raschen Wiedereinstiegs von Frauen wurde somit nur eingeschränkt erreicht.
Kinderbetreuung bundesweit planen
Mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbare Kinderbetreuungsangebote sind Voraussetzung für die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Der Bund stellt den Ländern Mittel in Milliardenhöhe für den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung bereit. Doch ihm fehlt der Überblick, etwa über die regionale Verteilung des Bedarfs. Nötig wäre eine bundesweite Bedarfsplanung; die Mittel sollten entsprechend verwendet werden. Die regionalen Unterschiede sind hierzulande groß: So waren laut Statistik Austria im Kindergartenjahr 2022/23 in Wien etwa 89 Prozent der Plätze mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar; in Oberösterreich nur 24 Prozent.
Acht von 13 überprüften Empfehlungen teilweise oder zur Gänze umgesetzt
Von 13 überprüften Empfehlungen aus dem ersten Bericht wurden acht zur Gänze oder teilweise umgesetzt. Für Geburten ab dem 1. Jänner 2026 ist vorgesehen, dass die für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes relevanten Daten zu den Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen automatisiert bereitgestellt werden. Nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel bei Untersuchungen im Ausland – wären die Nachweise so wie bisher eigenverantwortlich zu erbringen.
Das Bundeskanzleramt implementierte eine Schnittstelle zum IT-System der Familienbeihilfe und ermöglichte damit eine automatisierte Prüfung der Anspruchsvoraussetzung. Die durchschnittliche Erledigungsdauer von Anträgen konnte die Österreichisches Gesundheitskasse (ÖGK) von 61 Tagen im Jahr 2017 auf 59 Tage im Jahr 2021 reduzieren. Allerdings: Die Landesstelle Wien erledigte Inlandsfälle durchschnittlich binnen 80 Tagen – hier hat die ÖGK kontinuierliche Verbesserungen in Aussicht gestellt.
Presseinformation: Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz; Follow-up-Überprüfung
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- 2,268.8 KB
- Umfang:
- 76 Seiten
Bericht: Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz; Follow-up-Überprüfung
Der Rechnungshof überprüfte von August bis November 2023 das Bundeskanzleramt und die Österreichische Gesundheitskasse, um den Stand der Umsetzung von Empfehlungen aus seinem Vorbericht „Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz“ (Reihe Bund 2020/24) zu beurteilen. Im Zusammenhang damit analysierte der Rechnungshof auch die Väterbeteiligung an der Betreuung von Kleinkindern (Kinder unter drei Jahren) und das Wiedereinstiegsverhalten von Frauen ins Erwerbsleben nach der Geburt. Er fokussierte dabei vor allem auf die mit den Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in Verbindung stehenden Effekte.