Erheblich höherer Wasserbedarf, sinkendes Grundwasser: Herausforderungen für Niederösterreichs Wasserwirtschaft

12. Jänner 2024 – Rechnungshof hat Auswirkungen der Klimakrise geprüft

Der Rechnungshof veröffentlichte heute den Bericht „Klimakrise – Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in Niederösterreich“. Themen der Prüfung: Bereits bestehende sowie absehbare Auswirkungen der Klimakrise auf die Wasserwirtschaft und Maßnahmen gegen die Übernutzung von Grundwasser. Landwirtschaftliche Betriebe nutzen vermehrt Grundwasser für die Bewässerung von Ackerflächen. Unklar ist allerdings, wie viel Wasser von der Landwirtschaft und anderen Nutzern tatsächlich entnommen wird. Weil es bei Engpässen erforderlich sein kann, in bestehende Wasserrechte einzugreifen, müsste zunächst eine entsprechende Datengrundlage geschaffen werden. Die Empfehlung des Rechnungshofes: Das für die Wasserwirtschaft zuständige Landwirtschaftsministerium soll ein digitales Melderegister für tatsächliche Wasserentnahmen errichten. Und ein wasserwirtschaftliches Regionalprogramm könnte verschiedene Nutzungs​interessen in Gebieten mit einer drohenden Übernutzung des Grundwassers regeln. Überprüft wurden im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2022.

Höherer Wasserbedarf, sinkende Grundwasserbestände

Der Bedarf an Wasser für die öffentliche Versorgung sowie für die Landwirtschaft wird erheblich steigen.
Niederösterreich hat einen hohen Anteil an der pflanzlichen Erzeugung in Österreich. Von 4,022 Milliarden Euro Produktionswert, den die österreichischen landwirtschaftlichen Betriebe im Jahr 2021 erwirtschafteten, entfielen 1,755 Milliarden Euro – das sind 44 Prozent – auf Betriebe in Niederösterreich. Niederösterreichs Ackerflächen zählen zu jenen mit den größten Ertragsmöglichkeiten. Zugleich zählen Teile Niederösterreichs auch zu den trockensten Gebieten Österreichs.

Als erstes Bundesland hat Niederösterreich eine Studie zu den Auswirkungen der Klimakrise auf die Wasserwirtschaft durchgeführt. Sowohl die Studie Wasserzukunft Niederösterreich 2050 (Wasserzukunft NÖ) aus dem Jahr 2019 als auch die bundesweite Studie Wasserschatz Österreichs (Wasserschatz Ö) aus dem Jahr 2021 kommen zu dem Schluss, dass der Wasserbedarf bis 2050 steigt: Die Wasserzukunft NÖ sieht einen höheren Bedarf um 25 Prozent, wobei das verfügbare Grundwasser um drei Prozent sinken wird.

Der Wasserschatz Ö prognostizierte für Niederösterreich im ungünstigen Klima-Szenario eine Zunahme des Wasserbedarfs um 37 Prozent. Das Grundwasserangebot verringert sich um 14 Prozent. Diese Prognose beruht auf Klimamodellrechnungen, die zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung überarbeitet wurden. Die Entwicklung des Wasserangebots ist neu zu bewerten, sobald aktuellere Berechnungen vorliegen. Diese werden für 2026 erwartet.

Wasserwirtschaftlich sensible Gebiete

Die zunehmende Lufttemperatur, längere Vegetationsperioden, stärkere Verdunstung, häufigere Starkregenereignisse, bei denen Wasser oberflächlich abfließt anstatt zu versickern, und vergleichsweise weniger Schnee sind Folgen des Klimawandels. Deshalb wird weniger Grundwasser neu gebildet.

Regional betrachtet sind die Ausschöpfungsgrade des Grundwassers sehr unterschiedlich. Beide Studien weisen Gebiete aus, in denen es künftig zu einer Übernutzung des Grundwassers kommen kann. Vor allem im Nordosten Österreichs werden hohe Ausschöpfungsgrade des verfügbaren Grundwassers vorausgesagt.

Der Rechnungshof empfiehlt dem Land Niederösterreich, wasserwirtschaftlich sensible Gebiete als Grundlage für die nachhaltige Erteilung von Nutzungsrechten zu definieren. In diesen sollen dann Maßnahmen gegen die Übernutzung des Grundwassers ergriffen werden.

Landwirtschaft vermehrt auf Bewässerung angewiesen

In Niederösterreich stieg die Anzahl an Betrieben mit Bewässerungsinfrastruktur im Zeitraum 2010 bis 2020 von 2.195 auf 3.000 und die bewässerbare Fläche von 60.700 Hektar auf 77.628 Hektar. Das zeigt, dass viele landwirtschaftliche Betriebe von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Ein weiterer Anstieg der bewässerten Flächen ist zu erwarten. Pro Hektar und Jahr werden bis zu 2.000 Kubikmeter Wasser benötigt. Solche Mengen können nur in Gebieten mit guter Grundwasserverfügbarkeit entnommen werden. In diesem Zusammenhang kritisiert der Rechnungshof die lange Bewilligungsdauer für Wasserentnahmen von aktuell bis zu 25 Jahren. Denn eine nachhaltige Verteilung der begrenzten Ressource Wasser kann über diesen Zeitraum nicht gesichert werden. Und: Entnahmen werden teilweise unzureichend begrenzt und kaum kontrolliert.

Trinkwasserversorgung bei akutem Wassermangel gewährleisten

Innerhalb Niederösterreichs wird schon jetzt Wasser für die öffentliche Wasserversorgung umfangreich umverteilt – nämlich aus Gebieten mit einem gut verfügbaren Grundwasserdargebot hin zu Regionen mit unergiebigen Grundwasserkörpern. Zudem wird auch in Wien und im Burgenland Wasser aus Niederösterreich genutzt. Auch bei akutem Wassermangel wäre der überregionale und länderübergreifende Ausgleich der ungleich verteilten Ressource Wasser für die Trinkwasserversorgung als vorrangiges Ziel zu gewährleisten.

Bei einer drohenden Übernutzung von Grundwasservorkommen oder bei einem akuten Wassermangel kann es erforderlich sein, in bestehende Wasserrechte einzugreifen. Ein wasserwirtschaftliches Regionalprogramm könnte einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen unterstützen.

Ministerium soll digitales Melderegister für Wasserentnahmen schaffen

Als Basis für rechtliche Eingriffe fehlt dem Land Niederösterreich ein Überblick über die bewilligten und tatsächlichen Wasserentnahmen. Das Wasserbuch als elektronische Datenbank aller Wasserrechtsbescheide war unvollständig, teilweise fehlerhaft und nicht automatisiert auswertbar. Der Rechnungshof empfiehlt dem Land Niederösterreich, das Wasserbuch zu vervollständigen und zu berichtigen sowie eine automatisierte Auswertungsmöglichkeit zu schaffen. Das Landwirtschaftsministerium sollte zudem ein digitales Melderegister für tatsächliche Wasserentnahmen errichten.


Presseinformation: Klimakrise – Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in Niederösterreich

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94 Seiten

Bericht: Klimakrise – Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in Niederösterreich

Der Rechnungshof überprüfte zwischen November 2022 und März 2023 die Herausforderungen für die Wasserwirtschaft in Niederösterreich angesichts der Klimakrise. Überprüfte Stellen waren das Land Niederösterreich und das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Ziel der Gebarungsüberprüfung war es,

• die bereits bestehenden und zu erwartenden Auswirkungen der Klimakrise auf die Wasserwirtschaft darzustellen,
• Studien zu den Auswirkungen der Erderhitzung in den besonders betroffenen Bereichen und Regionen Niederösterreichs sowie
• Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung zu erheben und darzustellen.

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