Kompetenzzersplitterung erschwert Tierschutz

09. August 2024 – Rechnungshof empfiehlt Kontrolldichte einhalten

Zuständigkeiten in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind hierzulande auf EU-, Bund- und Länderebene verteilt. Abgesehen von länderübergreifend verwendeten Handbüchern und Checklisten für die Tierschutzkontrollen gibt es bundesweit zu wenig einheitliche Vorgaben für die Vollziehung des Tierschutzes. Diese erfolgt daher uneinheitlich, wie der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Landwirtschaftliche Nutztierhaltung – Förderungen und Tierschutzkontrollen“ feststellt.

Inwieweit Förderungen einen Beitrag zum Tierschutz leisten und Kontrollen den Schutz der Tiere sicherstellen, war Gegenstand der Prüfung. Es zeigte sich: Die Tierschutzkontrollen im Rahmen der EU-kofinanzierten Förderungen erfüllten grundsätzlich die Anforderungen. Diese Förderungen konnten einen Beitrag zum Tierschutz leisten. Jedoch informierten die Bezirksverwaltungsbehörden die für die Förderabwicklung zuständige Agrar-Markt-Austria (AMA) nicht durchgehend über Ausgänge von Strafverfahren tierschutzbezogener Verstöße. Dadurch könnten Betriebe trotz Tierschutzverstößen in ungekürzter Höhe Förderungen beziehen. Der überprüfte Zeitraum umfasst die Jahre 2018 bis 2022.

Informationslücken aufgrund starker Kompetenz- und Aufgabenzersplitterung

Kompetenzen und Aufgaben bei Förderungen und Tierschutzkontrollen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung sind auf Akteure unterschiedlicher Politikbereiche und auf mehreren Ebenen, der EU sowie national, unterschiedlich verteilt.
Die EU gibt Mindeststandards für den Schutz von Nutztieren sowie generelle Vorgaben für EU-kofinanzierte Förderungen vor. National legt das Landwirtschaftsministerium weitere Vorgaben für – unter anderem dem Tierschutz dienende EU-kofinanzierte – Förderungen fest. Die nationalen Bestimmungen für den Schutz der Nutztiere regelt das Gesundheitsministerium in Abstimmung mit dem Landwirtschaftsministerium. Die Länder wiederum vollziehen den Tierschutz.

Amtstierärztinnen und-ärzte der Bezirksverwaltungsbehörden kontrollieren, ob die nationalen Tierschutzbestimmungen eingehalten werden. Des Weiteren kontrollieren sie, ob die EU-Mindeststandards im Bereich der EU-kofinanzierten Förderungen eingehalten werden. In den vier überprüften Bezirkshauptmannschaften der Länder Oberösterreich und Steiermark bearbeiteten mehrere Abteilungen und Referate die Tierschutzfälle.

Durch diese Kompetenzzersplitterung entstanden Probleme bei der Vollziehung des Tierschutzes und der Weitergabe von Informationen. Diese Probleme zeigten sich vor allem bei der Sicherstellung der Einhaltung der nationalen Tierschutzbestimmungen. Eingeschränkt ist auch die Transparenz bei Tierschutzfällen. Und: Aus Sicht des Rechnungshofes waren die Vorgaben des Gesundheitsministeriums für eine einheitliche Vollziehung in den Verordnungen nicht konkret genug. So fehlten etwa konkrete Regelungen für eine bundesweite Vereinheitlichung der risikoorientierten Stichprobenauswahl für die nationalen Tierschutzkontrollen.

Ungekürzte Fördergelder trotz schwerer Tierschutzverstöße möglich

Die Agrar-Markt-Austria (AMA) wurde von den zuständigen Behörden nicht wie vorgesehen zuverlässig über den rechtskräftigen Ausgang von Strafverfahren bei tierschutzbezogenen Verstößen informiert. Das kann dazu führen, dass Betriebe – auch wenn sie schwere Tierschutzverstöße begehen – Förderungen in ungekürzter Höhe erhalten. Aus Sicht des Rechnungshofes ist in solchen Fällen keine Zweckmäßigkeit der Fördergelder gegeben.

Nationale Tierschutzbestimmungen in Österreich strenger als EU-weit definierte Mindeststandards

Das Gesundheitsministerium setzte, im Einvernehmen mit dem Landwirtschaftsministerium, die Tierschutz-Richtlinien der EU in nationales Recht weitreichender um und verankerte teils höhere Standards für die Tierhaltung. So waren etwa die Mindestmaße der Stallflächen für Kälber gemäß EU-Anforderungen kleiner als die in Österreich national festgelegten Mindestflächen.

Datenbestand mangelhaft 

Das vom Gesundheitsministerium beauftragte und durch die Statistik Austria errichtete Verbrauchergesundheitsinformationssystem (VIS) dient als elektronische Datenbank zur zentralen Verwaltung von Informationen tierhaltender Betriebe. Außerdem werden darin Daten zum Handel und zu Schlachtungen von Nutztieren im Interesse der Seuchenbekämpfung und-prävention festgehalten.

Gesamthafte Informationen über allfällige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz enthielt es nicht. Der Rechnungshof empfiehlt, Vorkehrungen für eine einheitliche und vollständige Erfassung der Kontrolldaten im VIS zu treffen, um auch eine korrekte Berichterstattung an die EU und den Nationalrat gewährleisten zu können.

In Tierschutz-Kontrollverordnung vorgesehene Kontrollquote nicht eingehalten

Das Land Oberösterreich erfüllte die in der Tierschutzkontrollverordnung vorgesehene Zwei-Prozent-Kontrollquote aller tierhaltendenden Betriebe im überprüften Zeitraum (2018 bis 2022) nicht. Das Land Steiermark erfüllte sie nur von 2019 bis 2021. Die Prüferinnen und Prüfer stellten fest, dass die Länder und das Gesundheitsministerium über die Grundgesamtheit der tierhaltenden Betriebe nicht ausreichend informiert waren. Der Rechnungshof empfiehlt daher den Ländern, die Erfüllung der Kontrollquote sicherzustellen. Das Gesundheitsministerium sollte eine bundesweite Vereinheitlichung der risikoorientierten Stichprobenauswahl für die nationalen Tierschutzkontrollen vorantreiben.

Presseinformation: Landwirtschaftliche Nutztierhaltung – Förderungen und Tierschutzkontrollen

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128 Seiten

Bericht: Landwirtschaftliche Nutztierhaltung – Förderungen und Tierschutzkontrollen

Der Rechnungshof überprüfte von April 2023 bis Juli 2023 die EU-kofinanzierten Förderungen und Tierschutzkontrollen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung. Ziel der Prü­fung war es, darzustellen und zu beurteilen
• ob und wie die Förderungen einen Beitrag zum Tierschutz leisteten und
• ob und wie die vorgesehenen systematischen Tierschutzkontrollen auf Basis des Tierschutzgesetzes geeignet waren, den Schutz der Tiere sicherzustellen.
Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2022. Soweit erforderlich berücksichtigte der Rechnungshof auch Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums.

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