Maßnahmen gegen den Klimawandel: Entsiegelung von Flächen und Begrünung forcieren

18. Oktober 2024 – Rechnungshof prüfte Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel der Städte Wels und Wiener Neustadt

Trinkbrunnen - Copyright: Foto:  iStock/urbazon

Österreich ist besonders stark von der Klimakrise betroffen: Der Temperaturanstieg ist doppelt so hoch wie im globalen Mittel. Auch die Sommermonate werden immer heißer. Hitzewellen belasten vor allem Kinder, kranke und ältere Menschen. In Städten wirken sich Hitzeperioden besonders stark aus. Das Problem: Dicht bebaute und versiegelte Flächen erwärmen sich an heißen Sommertagen stärker als das Umland und speichern diese Wärme. Es entstehen Hitzeinseln. Der Rechnungshof prüfte die „Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel – Wels und Wiener Neustadt“.  In seinem heute veröffentlichten Bericht stellt er fest: Weite Gebiete der überprüften Städte weisen ein ausgeprägtes Risiko von Hitzeinseln auf – der Handlungsbedarf ist erheblich. Durch umfangreiche Begrünungsmaßnahmen und eine angepasste Raumordnung und Bebauung können diese Effekte abgemildert werden. Dazu zählt etwa die Entsiegelung von Flächen. Zudem betont der Rechnungshof auch in Hinblick auf die Hochwasserereignisse im September 2024 die Bedeutung von präventiven Maßnahmen im Hochwasserschutz. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2022.

In Österreich leben rund 70 Prozent der Bevölkerung in Städten und deren Umland. Wiener Neustadt ist stärker von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen als Wels, etwa in Hinblick auf Hitzetage, und zählt gelegentlich zu den Hitzepolen in Österreich.

Versiegelte Flächen nehmen zu

Viele versiegelte Flächen haben negative Auswirkungen auf das Stadtklima und steigern das Risiko von Überflutungen. Deswegen soll eine Entsiegelung von öffentlichen und privaten Flächen forciert werden, empfehlen die Prüferinnen und Prüfer. Das Regierungsprogramm 2020-2024 sah vor, den zusätzlichen Bodenverbrauch in Österreich bis 2030 auf maximal 2,5 Hektar pro Tag zu reduzieren. Im Jahr 2020 wurde diese Fläche allein in Niederösterreich verbraucht – 2,5 Hektar pro Tag – und mit 2,2 Hektar pro Tag in Oberösterreich fast verbraucht. Wie Auswertungen des Umweltbundesamts zeigen, stieg die in Anspruch genommene und versiegelte Fläche pro Kopf auch in Wels und Wiener Neustadt in den vergangenen Jahren stark an.

Klimaschutzmaßnahmen bei geplanten Bauvorhaben mitbedenken

Die Stadt Wels plant ab 2025 eine Teilentsiegelung und Erweiterung des Volksgartens. Kostenpunkt: rund 15 Millionen Euro. Dabei sollen laut Plan alte Messehallen in der Nähe des Stadtzentrums abgerissen und durch eine moderne, kleinere Halle ersetzt werden; zudem sollten angrenzende Parkflächen entsiegelt werden und zusammen mit dem Gelände des Volksgartens Teil einer rund zehn Hektar großen Parkanlage werden. Das könnte ein Vorbild für andere Städte sein, stellt der Rechnungshof fest.

Das Bauvorhaben „Maximilium am Stadtpark“ in Wiener Neustadt wiederum beurteilt der Rechnungshof aus Sicht der Klimawandelanpassung kritisch. Denn die geplante Bebauung – es sollen Wohnungen, Büroflächen, Lokale und ein Bildungscampus errichtet werden – könnte das bereits hohe Risiko von Hitzeinseln in der Innenstadt weiter erhöhen. Auch zum Projekt B17 Ostumfahrung Wiener Neustadt merkt der Rechnungshof an, dass es in einem Spannungsfeld zu klima- und umweltpolitischen Zielen sowie zur Ernährungssicherheit steht, weil Boden versiegelt wird und landwirtschaftliche Flächen verloren gehen. Der Bau des „Ringschlusses“ startete bereits.

Effekt von Hitzeinseln durch angepasste Raumordnung abmildern

Überhitzungs- und Hitzeinseleffekte in Städten können durch eine angepasste Raumordnung und Bebauung abgemildert werden. Die neueren Bebauungspläne für Wels und der Bebauungsplan für Wiener Neustadt enthielten zum Teil verpflichtende Regelungen für Begrünungsmaßnahmen bei Neu- und Umbauten. Für Stadtteile mit einem hohen Risiko von Hitzeinseln reichte das jedoch nicht aus. Um das Kleinklima zu verbessern, sollten in diesen Stadtteilen nur Neu- und Umbauten mit einem hohen Grünflächenanteil und intensiver Begrünung errichtet werden.

Präventive Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser weiterverfolgen

Durch die Klimakrise werden die Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen zunehmen. Der Rechnungshof betont angesichts der Hochwasserereignisse im September 2024 die Bedeutung von präventiven Schutzmaßnahmen. Wels plante zwei Hochwasserschutzprojekte; diese sind weiterzuverfolgen.

Vulnerable Gruppen schützen und informieren

Besonders gefährdete Personen – Kinder, kranke und ältere Menschen – und deren Umfeld müssen gezielt über die Risiken von extremer Hitzebelastung informiert werden. Die Städte Wels und Wiener Neustadt trafen zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung nur wenige spezifische Vorkehrungen, um diese Personengruppe vor extremer Hitze zu schützen. Zu den bereits gesetzten Maßnahmen zählt etwa die Installierung öffentlicher Trinkbrunnen. Der Rechnungshof empfiehlt, auf Basis einer Vulnerabilitätsanalyse, also der Ausarbeitung von Handlungsfeldern zum Schutz vulnerabler Gruppen, gezielte Vorkehrungen zu treffen.

Hohe finanzielle Herausforderungen

Die Städte Wels und Wiener Neustadt setzten im überprüften Zeitraum eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Angesichts der fortschreitenden Klimakrise und des verbreiteten Risikos von Hitzeinseln sieht der Rechnungshof aber noch erheblichen Handlungsbedarf, um die Lebensqualität der Bevölkerung auch bei veränderten klimatischen Verhältnissen nachhaltig zu sichern.

Der Rechnungshof empfiehlt den Städten Wels und Wiener Neustadt, den mittel- beziehungsweise langfristigen Finanzierungsbedarf für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel abzuschätzen und finanzielle Vorsorge dafür zu treffen. Denn diese sind kostenintensiv und werden die Städte und Gemeinden in den nächsten Jahren vor hohe finanzielle Herausforderungen stellen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2020 werden sich die österreichweiten Ausgaben für die Anpassung an den Klimawandel bei mittlerer Erwärmung bis 2050 auf zwei Milliarden Euro pro Jahr verdoppeln.


Presseinformation: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel – Wels und Wiener Neustadt


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104 Seiten

Bericht: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel – Wels und Wiener Neustadt

Der Rechnungshof überprüfte von Juni bis September 2023 Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in den Städten Wels und Wiener Neustadt. Die Gebarungsüberprüfung fand im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie statt und in den Ländern Niederösterreich und Oberösterreich sowie in den Städten Wels und Wiener Neustadt. Ziel war die Erhebung der Rahmenbedingungen auf europäischer, nationaler und Landesebene. Ein weiteres Ziel war es, die Planungen, Konzepte und Maßnahmen der Städte Wels und Wiener Neustadt zur Anpassung an den Klimawandel zu beurteilen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2022.

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