Potenzial von elektronischer Gesundheitsakte ELGA nicht voll ausgeschöpft
Ob Impfpasseinträge, Arzneimittelrezepte oder Patientenbefunde: Die elektronische Gesundheitsakte ELGA sollte das österreichische Gesundheitswesen digital unterstützen. Doch nach dem Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur und dem offiziellen Start von ELGA im Dezember 2015 formulierte das Gesundheitsministerium zunächst keine weiteren konkreten Ziele dafür. Auf nationaler Ebene rechtlich begründet ist ELGA vor allem durch das Gesundheitstelematikgesetz. Doch das Gesetz war zum Teil inkonsistent und nur schwer lesbar. Besonders die Regelungen zur Speicherverpflichtung für Gesundheitsdiensteanbieter ließen zur Zeit der Rechnungshofprüfung unterschiedliche Interpretationen zu. Dabei bräuchte es eine vollständige elektronische Gesundheitsakte, um den Gesundheitsdiensten sowie Patientinnen und Patienten einen Gesamtüberblick über Erkrankungen und Behandlungen zu bieten. So könnten etwa auch unnötige Doppeluntersuchungen vermieden und die gesundheitliche Versorgung verbessert werden. Welche Kosten ELGA verursachte, ist unklar, da eine Übersicht der gesamten Ist-Kosten fehlt. Die budgetierten Mittel betrugen rund 99 Millionen Euro. Dies stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Elektronische Gesundheitsakte ELGA und ELGA GmbH“ fest. Die Prüferinnen und Prüfer sahen Verbesserungspotenzial bei der Steuerung und Umsetzung von ELGA. Der Rechnungshof erkennt an, dass nach Abschluss seiner Prüfung Schritte zur Verbesserung von ELGA entsprechend seinen Empfehlungen gesetzt wurden und werden. Der untersuchte Zeitraum umfasst die Jahre 2018 bis 2022.
ELGA-Anwendungen für Befunde, Impfpass und Medikationen noch nicht voll ausgebaut
Für eine sinnvolle Nutzung der ELGA-Kernanwendung „eBefund“ braucht es eine vollständige Erfassung der Befunde durch die Gesundheitsdiensteanbieter. Ende 2023, acht Jahre nach der ELGA-Ausrollung, schrieben jedoch im Wesentlichen nur die Ärztinnen und Ärzte der Krankenanstalten eBefunde. Der Rechnungshof bemängelt, dass damals weiterhin keine strukturierten Dokumente für Facharztbefunde verfügbar waren. Für eine vollständige Erfassung braucht es auch die eBefunde von niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten, Radiologie-Instituten und Laboren. Hierbei ist besonders wichtig, eine Lösung für die Übermittlung von Bilddaten aus der Radiologie sowie die Anbindung der niedergelassenen Labore zu finden.
Der Rechnungshof begrüßt jedoch, dass die 2023 noch nicht verfügbare Patient Summary – eine standardisierte Zusammenfassung von grundlegenden medizinischen Informationen zu jeder Patientin und jedem Patienten – mittlerweile, wie empfohlen, beschlossen wurde.
Ebenso ist die Anwendung des eImpfpasses weiter voll auszubauen, sodass alle bestehenden Impfungen eingetragen sind und die Benachrichtigungsfunktion über anstehende Impfauffrischungen aktiv ist. Auch die Anwendung der eMedikation war noch nicht voll ausgebaut, hier ist außerdem die Vollständigkeit der Medikationsliste inklusive der verschriebenen Dosierung sicherzustellen.
eHealth-Strategie fehlte
Durch die mit dem Sammelbegriff „eHealth“ bezeichneten elektronischen Gesundheitsdienste sollte laut Bund und Ländern einerseits die Qualität der Gesundheitsversorgung verbessert werden. Zum anderen soll dadurch ökonomisches Potenzial genutzt werden, etwa indem Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Eine bundesweite Strategie, wie und von wem diese Ziele umzusetzen wären, legte der Bund zunächst nicht fest.
Der Rechnungshof vermisste hierbei konkrete Ziele, wo und unter welchen Bedingungen das Gesundheitswesen digital unterstützt werden soll. Das Ergebnis des 2021 von der Bundes-Zielsteuerungskommission beschlossenen „Zielbilds eHealth 2030“ – die bereits bestehenden Systeme zu vereinfachen und vereinheitlichen – war hierfür aus Rechnungshofsicht nicht ausreichend.
Die Empfehlung des Rechnungshofes an das Gesundheitsministerium – im Rahmen der Bundes-Zielsteuerungskommission auf einen zeitnahen Beschluss einer eHealth-Strategie unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf EU-Ebene hinzuwirken – wurde inzwischen umgesetzt.
Rechtliche Grundlagen für ELGA zunächst teils inkonsistent
Das Gesundheitstelematikgesetz 2012 und die darauf basierende ELGA-Verordnung 2015 bildeten die rechtlichen Grundlagen für die elektronische Gesundheitsakte. Seit Inkrafttreten 2012 wurde das Gesetz vor der Rechnungshofprüfung nur in einzelnen Bestimmungen novelliert. Der Rechnungshof bemängelte, dass das Gesundheitsministerium nicht auf eine umfassende Änderung oder Neugestaltung hinwirkte. Er empfahl dem Ministerium daher, die Arbeiten für einen geeigneten rechtlichen Rahmen für den Betrieb und die Weiterentwicklung von ELGA zu priorisieren.
Weiters sollte es Vorschläge – wie etwa Vereinfachungen und inhaltliche Klarstellungen – für eine Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes sowie die darauf basierenden Verordnungen erarbeiten. Im Juli 2024 gab es einen Nationalratsbeschluss für eine derartige umfassendere Novelle. Die Rechnungshofprüfung trug dazu bei.
Ab spätestens 1. Jänner 2026 müssen nun etwa Entlassungsbriefe, Laborbefunde oder Röntgenbilder einheitlich gespeichert werden – ein Schritt zur weiteren Entfaltung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA.
Presseinformation: Elektronische Gesundheitsakte ELGA und ELGA GmbH
- pdf Datei:
- 2,692.0 KB
- Umfang:
- 90 Seiten
Bericht: Elektronische Gesundheitsakte ELGA und ELGA GmbH
Der Rechnungshof überprüfte von Juli 2023 bis Dezember 2023 die ELGA GmbH, das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und den Dachverband der Sozialversicherungsträger mit dem Schwerpunkt Elektronische Gesundheitsakte ELGA.
Prüfungsziel war es, die Vorgaben für die ELGA GmbH auf ihre Eignung zur Erreichung der Ziele von ELGA, die Organisation und Steuerung der ELGA GmbH, das System der Finanzierung von ELGA und der ELGA GmbH sowie den Umsetzungsstand von ELGA zu beurteilen.
Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2022.