Rechnungshof zeigt Verbesserungsbedarf bei System der Einlagensicherung auf

31. Mai 2024 – Aufsicht über die Einlagensicherung durch FMA und OeNB geprüft

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Das System der Einlagensicherung wurde im Jahr 2019 neu organisiert, mit dem Ziel, den Zugang zur Entschädigung im Sicherungsfall zu vereinfachen und zu beschleunigen. Es sieht vor, dass Einlagen bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Euro je Einlegerin beziehungsweise Einleger und je Kreditinstitut geschützt sind, in bestimmten Fällen bis zu 500.000 Euro. Entschädigungszahlungen müssen im Sicherungsfall innerhalb von maximal sieben Arbeitstagen ausbezahlt werden können. Seit November 2021 sind in Österreich drei Sicherungseinrichtungen tätig. Der Rechnungshof prüfte in seinem heute veröffentlichten Bericht „System der Einlagensicherung“ die Aufsicht über die Einlagensicherung durch die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB).

Zwischen 2020 und 2022 fanden vier Sicherungsfälle statt, mit gedeckten Einlagen zwischen rund 59 Millionen Euro und rund 948 Millionen Euro. Davor ereignete sich der letzte Sicherungsfall im Jahr 2001. Es zeigte sich: Auch nach den vier Einlagensicherungsfällen innerhalb von zwei Jahren vertrauten Einlegerinnen und Einleger dem System der Einlagensicherung. Jedoch: Die FMA dokumentierte die Abwicklung nicht in allen Fällen ausreichend. Es war auch nicht dokumentiert, wie die FMA vorgehen würde, wenn Kundendaten verzögert geliefert werden. Das Problem: Fehlen diese Daten, stoppt das den Auszahlungsprozess bereits in der Anfangsphase. Der Rechnungshof empfiehlt, einen „lessons learned“-Prozess einzuführen und dabei auch Problemstellungen, wie jene der Nichtlieferung von Kundendaten, miteinzuschließen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis inklusive erstes Halbjahr 2022.

Drei Sicherungseinrichtungen erhöhen Komplexität des System

Die gesetzliche Grundlage für das System der Einlagensicherung ist die EU- Einlagensicherungsrichtlinie, die Österreich im Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG) umsetzte. Kreditinstitute mit Sitz in Österreich, die Einlagen entgegennehmen, müssen der einheitlichen Sicherungseinrichtung – der Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H. (ESA) – angehören, sofern sie nicht Mitglied in einem anerkannten institutsbezogenen Sicherungssystem sind. Ein institutsbezogenes Sicherungssystem ist ein Haftungsverbund, der seine Mitgliedsinstitute absichert. In Österreich sind das die Sparkassen-Haftungs GmbH (S-Haftung) und seit November 2021 die Österreichische Raiffeisen-Sicherungseinrichtung eGen (ÖRS).

Ende des Jahres 2022 hatte beispielsweise die ESA 70 Mitglieder und gedeckte Einlagen von rund 101 Milliarden Euro.

Das Ziel, ein einheitliches Einlagensicherungssystem zu schaffen, wurde damit nur bedingt erreicht. Zwar konnten die Mehrgleisigkeiten im Vergleich zur Organisationsstruktur, die bis Ende 2018 bestand, reduziert werden. Doch weil es drei Sicherungseinrichtungen gibt, erhöhte sich die Komplexität wieder – und die Anforderungen bei der Beaufsichtigung für die FMA.

Vier Sicherungsfälle in zwei Jahren

Mit 1. Jänner 2019 hatten die Sicherungseinrichtungen ihre Einlagensicherungsfonds mit einem Fondsvolumen von insgesamt 685,45 Millionen Euro dotiert. Am 3. Juli 2024 sollen die Fondsmittel hochgerechnet insgesamt 2,082 Milliarden Euro erreichen, was 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen zu diesem Zeitpunkt entspricht. Ende 2022 betrug der Fondsbestand aller Sicherungseinrichtungen 1,613 Milliarden Euro.

Zur Finanzierung der Entschädigungszahlungen steht grundsätzlich der Einlagensicherungsfonds der betroffenen Sicherungseinrichtung zur Verfügung. Für den Fall, dass dieser nicht ausreicht, können die Sicherungseinrichtungen bei ihren Mitgliedsinstituten Sonderbeiträge einheben. Reichen auch diese Mittel nicht aus, sind weitere Finanzierungsbeiträge vorgesehen, die auch die zweitbetroffenen Sicherungseinrichtungen miteinbeziehen. Bei einer Insolvenz eines Kreditinstituts nehmen die Sicherungseinrichtungen eine bevorzugte Stellung gegenüber allen übrigen Gläubigern des insolventen Kreditinstituts ein.

Zwischen 2020 und 2022 fanden insgesamt vier Einlagensicherungsfälle statt. Die Einlagensicherung erfüllte ihren Zweck: zeitliche Überbrückung und Vorfinanzierung der Ansprüche. In drei von vier Fällen erwartete die Sicherungseinrichtung eine Rückflussquote von 100 Prozent. Daraus war ersichtlich, dass die Einlagen der Kreditinstitute durch Aktiva gedeckt waren.

Interne Richtlinien und „lessons learned“-Prozess notwendig

Der Rechnungshof hebt positiv hervor: Die Feststellung der Einlagensicherungsfälle durch die FMA funktionierte angemessen und diese nahm die erforderlichen Veröffentlichungen zeitgerecht vor. Auch die OeNB leistete im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags einen Beitrag zur Identifikation, Einschätzung und Prävention von Risiken und trug damit zur Sicherung der Finanzmarktstabilität bei.

Verbesserungsbedarf gibt es bei internen Richtlinien, Dokumentation und Prozessen: Die Nachverfolgung der Einlagensicherungsfälle bei der FMA war nicht in allen Fällen übersichtlich dokumentiert. Eine FMA-interne Richtlinie zur Weiterverfolgung eines Sicherungsfalls, beispielsweise mit Vorgaben zum Reporting im Rahmen von Sicherungsfällen, lag nicht vor. Die FMA hatte nicht definiert, wie sie bei einer Verzögerung der Lieferung von Kundendaten in einem Sicherungsfall vorgehen würde. Eine Nichtlieferung oder verspätete Lieferung würde den Auszahlungsprozess bereits in der Anfangsphase stoppen beziehungsweise verzögern. Dabei könnte es auch zur Verletzung der gesetzlichen Fristen für die Auszahlung kommen. Die FMA sollte Arbeitsanweisungen und Richtlinien dafür erarbeiten, wie Einlagensicherungsfälle abgewickelt und weiterverfolgt werden sollen.

Ebenfalls notwendig: Die FMA sollte sich im Wege des Finanzministeriums bei Novellierungen des ESAEG dafür einsetzen, dass für Aufsichtsorgane von Sicherungseinrichtungen Eignungsprüfungen vorgesehen werden.

Prüfprogramm anpassen, Prüfungsfrequenz erhöhen

Wie bei der Bankenaufsicht, obliegt die Beaufsichtigung der Sicherungseinrichtungen der FMA. Sie kann die OeNB mit Vor-Ort-Prüfungen und Erstellung von Gutachten und Analysen beauftragen. Im überprüften Zeitraum führte die OeNB bei Vor- Ort-Prüfungen nur zu einem von neun Prüfthemen Prüfungen durch, wobei pro Prüfung nur eine Sicherungseinrichtung überprüft wurde. Der Rechnungshof empfiehlt: Um rascher ein größeres Prüfgebiet abdecken zu können und die Prüfungsfrequenz zu erhöhen, sollten die FMA und die OeNB die Prüfprogramme anpassen. So können im Rahmen von Querschnittsprüfungen risikoorientiert ausgewählte Themen bei mehreren Sicherungseinrichtungen vergleichend überprüft werden. Der Rechnungshof empfiehlt zudem der FMA und OeNB, die Überprüfung der Veranlagungsrichtlinien ins Prüfprogramm aufzunehmen. Denn die Sicherungseinrichtungen haben die verfügbaren Finanzmittel risikoarm gemäß ESAEG zu veranlagen.


Presseinformation: System der Einlagensicherung


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Umfang: 
108 Seiten

Bericht: System der Einlagensicherung

Der Rechnungshof überprüfte die Gebarung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hinsichtlich des Systems der Einlagensicherung und der Aufsicht über die Einlagensicherung in Österreich. Ziele der Gebarungsüberprüfung waren die Beurteilung von ausgewählten Aufsichtstätigkeiten von FMA und OeNB bei den Sicherungseinrichtungen (z.B. Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen, Überwachung der Durchführung von Stresstests) sowie der Sicherstellung einer ausreichenden Qualifikation und Unabhängigkeit der Geschäftsführung und der Aufsichtsorgane der Sicherungseinrichtungen. Weiters stellte der Rechnungshof die Finanzierung der Einlagensicherung, den Entschädigungsmechanismus, die seit 2020 in Österreich eingetretenen Sicherungsfälle bzw. deren Auswirkung auf die verfügbaren Finanzmittel der Sicherungseinrichtungen dar und beurteilte die Kosten der Aufsicht über die Sicherungseinrichtungen. Der überprüfte Zeitraum umfasste ursprünglich die Jahre 2019 bis 2021. Aufgrund eines eingetretenen Sicherungsfalls im März 2022 dehnte der RH den überprüften Zeitraum auf das erste Halbjahr 2022 aus. Er berücksichtigte darüber hinausgehend aktuelle Entwicklungen des zweiten Halbjahres 2022.

Nicht von der Gebarungsüberprüfung umfasst waren die drei bestehenden Sicherungseinrichtungen, da diese nicht der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen. Auch die Anlegerentschädigung als Teil des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) stand nicht im Fokus der Gebarungsüberprüfung.

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