Klare Verhältnisse zwischen Volksoper und Symphonieorchester erforderlich

20. September 2024 – Basisfinanzierung soll an das Erreichen von Zielen geknüpft sein

Roter Theatervorhang - Copyright: Foto: iStock/joshblake

Die Volksoper Wien GmbH ist ein Repertoiretheater für Oper, Spieloper, Operette, Musical, Ballett und modernen Tanz. Sie ist eine 100-Prozent-Tochter der Bundestheater-Holding GmbH (Holding). Um ihren kulturpolitischen Auftrag zu erfüllen, zu dem auch die Kulturvermittlung für ein breites Publikum gehört, erhält die Volksoper eine Basisabgeltung aus Bundesmitteln. Im Geschäftsjahr 2022/2023 waren das 49,99 Millionen Euro. Bei der Verteilung der öffentlichen Mittel sollen festgelegte Ziele berücksichtigt werden, stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Volksoper Wien GmbH“ fest. Leistungs- und Zielvereinbarungen, etwa um den gesetzlichen Auftrag in der Kulturvermittlung zu erfüllen, sollen als strategisches Instrument optimiert werden, empfehlen die Prüferinnen und Prüfer. Und: Es besteht Handlungsbedarf bei Geschäftsprozessen der Volksoper. So fehlte etwa eine Geschäftseinteilung, welche klare Zuständigkeiten schafft. Zudem waren die Beziehungen zum privaten Verein „Symphonieorchester der Volksoper Wien“ nicht klar geregelt. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Geschäftsjahre 2013/14 bis 2022/23.

Basisfinanzierung der Volksoper an Erreichen von Zielen knüpfen

Die Holding vereint die Tochtergesellschaften Volksoper, Burgtheater, Staatsoper und ART for ART unter einem Dach. Für die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags erhält die Volksoper eine Basisabgeltung aus Bundesmitteln. Im Geschäftsjahr 2022/23 betrug diese 49,99 Millionen Euro. Die Volksoper finanzierte sich zu rund 80 Prozent aus öffentlichen Mitteln und zu rund 20 Prozent aus eigenen Erlösen; aus Karteneinnahmen lukrierte sie 8,58 Millionen Euro. Insgesamt stieg die Basisabgeltung in den 23 Jahren seit der Ausgliederung der Volksoper in unregelmäßigen Abständen von 33,08 Millionen Euro auf 49,99 Millionen Euro. Die jährliche Steigerungsrate lag somit durchschnittlich bei 1,81 Prozent. Die Gründe für die beschlossenen Steigerungen waren intransparent. Denn: Sie waren nicht nachvollziehbar mit der Erreichung vereinbarter Ziele verknüpft. Die Holding schloss zwar mit der Volksoper Leistungs- und Zielvereinbarungen ab. Für den Fall, dass sie nicht eingehalten wurden, gab es jedoch keine Konsequenzen. Auch gab es keine finanziellen Anreize, die Ziele zu erreichen.

Erfolgsabhängige Komponente bei Basisabgeltung

Den Vorschlag, wie die Basisabgeltung verteilt wird, richtet die Holding an das Kulturministerium. Der Rechnungshof empfiehlt, diesen Vorschlag künftig nachvollziehbar nach objektiven Kriterien zu erstellen. Die Gewährung öffentlicher Mittel ist daran zu knüpfen, ob der kulturpolitische Auftrag erfüllt wurde. So könnte ein Teil der Basisabgeltung erfolgsabhängig gewährt werden. Zum Beispiel zur Finanzierung konkreter, von der Volksoper vorgeschlagener Projekte, die dazu dienen, Maßnahmen zur Kunst- und Kulturvermittlung umzusetzen. In diesem Sinne soll die Basisabgeltung auf die Bühnengesellschaften dann verteilt werden, wenn festgelegte Ziele erreicht wurden.

Außenauftritt des Symphonieorchesters klar von Tätigkeit der Volksoper trennen

Der private Verein „Symphonieorchester der Volksoper Wien“ besteht fast ausschließlich aus Musikerinnen und Musikern, die zugleich Teil des Volksopernorchesters – also Bedienstete der Volksoper – sind. Das Symphonieorchester der Volksoper Wien bestritt im überprüften Zeitraum Konzerte im In- und Ausland. Eine schriftliche Vereinbarung über die wechselseitigen Rechte und Pflichten bestand nicht. Aus Sicht des Rechnungshofes kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Aktivitäten des Vereins die wirtschaftlichen und kulturpolitischen Interessen der Volksoper beeinträchtigen. Beim Jubiläumskonzert anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Vereins im Jahr 2017 beispielsweise veranstaltete die Volksoper auf ihrer Bühne ein Festkonzert. Die Erlöse aus dem Kartenverkauf gingen an die Volksoper. Sie rechnete ihren Orchestermitgliedern zwar keinen Dienst an, bezahlte jedoch die Substitutinnen und Substituten und stellte dem Verein ihre Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung. Der Rechnungshof empfiehlt: Mit dem Verein „Symphonieorchester der Volksoper Wien“ ist eine schriftliche Vereinbarung über die wechselseitigen Rechte und Pflichten zu treffen. Dabei sollten die wirtschaftlichen Interessen der Volksoper Wien GmbH bestmöglich gewahrt sein. Der Außenauftritt des Symphonieorchesters der Volksoper Wien soll klarer von den Tätigkeiten der Volksoper Wien GmbH abgegrenzt sein, sodass potenzielle Interessenkonflikte entfallen.

Keine Personalstrategie trotz hoher Komplexität

Das Personal hat einen durchschnittlichen Anteil von 70 Prozent am Gesamtaufwand der Volksoper. Die Volksoper beschäftigte in der Saison 2022/23 rund 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 35 verschiedenen Arbeitsbereichen. Die Personalstruktur ist komplex. Denn die Steuerungsmöglichkeit bei wesentlichen Abläufen ist an Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen gebunden. Das ständige Personal bestand im überprüften Zeitraum aus etwa 20 Dienstnehmer­gruppen. Für diese galten unterschiedliche gesetzliche Grundlagen sowie Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen. Zudem richteten sich diese Regelungen einerseits an einzelne Personen, beispielsweise Solistinnen und Solisten, und andererseits an Kollektive wie Orchester und Chor. Die Flexibilität der Geschäftsführung bei der Einteilung der Proben- und Vorstellungstermine ist durch dieses Regelwerk eingeschränkt. Umso kritischer sieht der Rechnungshof daher, dass die Volksoper bisher keine Personalstrategie erstellt hatte. Neben einer Personalstrategie ist eine Geschäftseinteilung zu erstellen, die sowohl die Organisationseinheiten und deren Aufgabengebiete als auch die Verantwortlich-keiten beinhaltet, empfiehlt der Rechnungshof. Denn über eine solche verfügte die Volksoper nicht.

Seit 2020 nahm die Anzahl der fixen Ensemblemitglieder ab, jene der Gastverträge stieg. Die Rechtsnatur von Gastverträgen war häufig umstritten und im Einzelfall unklar.

Sechs Prozent meldeten Nebenbeschäftigungen nicht

Die Volksoper hatte bis zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung keine standardisierten Abläufe für die Meldung von Nebenbeschäftigungen geschaffen. Ein Abgleich mit den Einkommensteuer- und Lohnsteuerdaten für das Geschäftsjahr 2020/21 ergab, dass insgesamt 35 Prozent der Personen, die die Volksoper in diesem Zeitraum beschäftigte, weitere Einkommen bezogen. Insgesamt sechs Prozent der Beschäftigten gingen einer unselbstständigen Beschäftigung nach, ohne dies der Volksoper zu melden. Die Prüferinnen und Prüfer empfehlen, den Ablauf der Meldung von Nebenbeschäftigungen eindeutig zu regeln.


Presseinformation: Volksoper Wien GmbH

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Umfang: 
104 Seiten

Bericht: Volksoper Wien GmbH

Der Rechnungshof überprüfte von März bis Juli 2023 die Volksoper Wien GmbH und die Bundestheater-Holding GmbH sowie das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Die Volksoper wurde aufgrund einer Stichprobe nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.
Prüfungsziel war es, die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags durch die Volksoper Wien GmbH zu beurteilen. Der Rechnungshof überprüfte insbesondere, welche Maßnahmen die Volksoper zur Umsetzung ihrer kulturpolitischen Ziele traf, welche Steuerungsinstrumente sie dafür einsetzte und wie sie sich finanzierte. Darüber hinaus überprüfte der Rechnungshof die Organisation der Volksoper Wien GmbH, das Management der personellen Ressourcen – mit den Schwerpunkten künstlerisches Personal sowie Gleichstellung und Diversität – und Compliance–Aspekte.
Der überprüfte Zeitraum umfasste die Geschäftsjahre 2013/14 bis 2022/23, wobei der Schwerpunkt auf den Geschäftsjahren 2018/19 bis 2022/23 lag.

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