Rechnungshof sieht Liegenschaftstausch der AUVA kritisch

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) verfügt mit Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und Personalwohnhäusern über ein bedeutendes Liegenschaftsportfolio. Dem Sozialversicherungsträger mit Schwerpunkt Unfallversicherung fehlte jedoch ein Überblick über den mittel- und langfristigen Investitions- und Sanierungsbedarf seiner Liegenschaften. Daraus ergibt sich das Risiko eines größeren Investitionsbedarfs in unbekannter Höhe. Das stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Liegenschaften der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt“ fest. Die Prüferinnen und Prüfer untersuchten auch einen Liegenschaftstausch der AUVA mit einem privaten Unternehmen. Die AUVA tauschte im Juni 2022 zwei Wohngebäude des privaten Unternehmens in Wien gegen AUVA-Liegenschaften in Dornbirn, Graz und Salzburg ein. Das private Unternehmen hatte die angebotenen Liegenschaften unmittelbar vor der Ausschreibung des Tauschs erworben und war einziger Bieter. Der Wert der ehemaligen AUVA-Liegenschaften stieg zwischen 2021 und 2023 zum Vorteil des Unternehmens von 15,67 Millionen Euro auf 22,55 Millionen Euro. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2023.
Schließung des vormaligen UKH Lorenz Böhler
Nach Ende der Einschau des Rechnungshofes gab die AUVA im März 2024 bekannt, das Trauma- und Rehabilitationszentrum Wien – Standort Brigittenau (vormaliges UKH Lorenz Böhler) weitgehend zu schließen und den Betrieb zu verlagern, da das Gebäude bau- und brandschutztechnische Maßnahmen erfordere, die weder kurzfristig noch im laufenden Betrieb umsetzbar seien. Ein Gutachten eines beauftragten Ziviltechnikers vom März 2024 habe brandschutztechnische Defizite offengelegt. Angesichts der Schließung verweist der Rechnungshof auf mögliche Folgen, die sich aus einem mangelhaften Gebäudezustand ergeben. Wenn notwendige Investitionen und Sanierungen nicht durchgeführt werden, kann damit auch ein Gefahrenpotenzial für die Personen verbunden sein, die sich in den Gebäuden aufhalten, etwa Bedienstete sowie Patientinnen und Patienten.
Immobilienmanagement erst 2023 eingerichtet
Der Buchwert der Immobilien der AUVA und ihrer Tochtergesellschaft Allgemeine Unfallversicherungs-Betriebsgesellschaft m.b.H. (AUVB) betrug Ende 2023 rund 249,70 Millionen Euro. Zu den Liegenschaften zählen Traumazentren und Krankenhäuser an sieben Standorten, Rehabilitationseinrichtungen an vier Standorten und 15 Personalwohnhäuser. Die AUVA beschloss mangels umfassender Expertise zur Immobilienverwaltung erst im Dezember 2023, eine Abteilung für Immobilienmanagement einzurichten, obwohl die Interne Revision dies bereits 2018 empfohlen hatte. Die AUVA plante Neubauprojekte im Ausmaß von 1,028 Milliarden Euro, hatte aber keinen Überblick über den mittel- und langfristigen Investitions- und Sanierungsbedarf bei ihren Gebäuden. Damit bestand das Risiko eines größeren Investitionsbedarfs in unbekannter Höhe.
Privates Unternehmen profitierte vom Liegenschaftstausch mit AUVA
Im Juni 2022 ging die AUVA einen Liegenschaftstausch mit einem privaten Unternehmen ein. Grund für den Tausch: Die AUVA ließ ein Personalwohnhaus abreißen und eines verkleinern. Sie erwarb von diesem Unternehmen zwei Wohngebäude in Wien als Ersatz dafür.
Im Gegenzug gingen vier AUVA-eigene Liegenschaften in Dornbirn, Graz und Salzburg nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren an das private Unternehmen. Dieses Verfahren war weder bedingungsfrei noch wettbewerblich. Ein Interessent konnte diese Liegenschaften nur unter der Bedingung erwerben, dass er der AUVA Eigentum an Liegenschaften in der Stadt Wien verschaffte.
Das private Unternehmen kaufte die zwei Wohngebäude zeitgleich mit dem Beschluss der AUVA an, Wohngebäude im Tausch zu erwerben. In weiterer Folge war es der einzige Bieter im Ausschreibungsverfahren. Die Gebäude waren allerdings ohne weitere Umbauarbeiten und damit verbundene Kosten für die Zwecke der AUVA ungeeignet.
Der Rechnungshof kritisiert, dass die AUVA die vier Liegenschaften in den Städten Dornbirn, Graz und Salzburg nicht einzeln verwertete. In Summe stieg der Wert der Tauschliegenschaften von Juni 2021 bis Juli 2023 zum Vorteil des privaten Unternehmens: von 15,67 Millionen Euro auf 22,55 Millionen Euro und somit um 44 Prozent.
Umzug an den Standort Wienerberg
Im Dezember 2020 mietete die AUVA Büros am Wienerberg im 10. Wiener Gemeindebezirk. Sie übersiedelte den größten Teil der Hauptstelle und der Landesstelle Wien von den Standorten Adalbert-Stifter-Straße und Webergasse an diesen neuen Standort. Die Begründung dafür: Alter des Gebäudes und Brandschutzmängel. Ursprünglich wollte die AUVA das „Haus der Kaufmannschaft“ am Wiener Schwarzenbergplatz mieten; Vergleichsangebote lagen nicht vor. Das Sozialministerium als Aufsichtsbehörde verweigerte daher die Genehmigung. Nachträglich betrachtet stellte sich heraus, dass das „Haus der Kaufmannschaft“ um 30 Prozent teurer war als das später angemietete Gebäude am Wienerberg. Der Rechnungshof empfiehlt, die Optionen für einen Standort der AUVA-Hauptstelle und der Landesstelle Wien neu zu bewerten und die wirtschaftlichste Variante umzusetzen.
Kosten für Trauma- und Rehabilitationszentrum Wien mehr als verdoppelt
Die AUVA beschloss im Jahr 2019, das Trauma- und Rehabilitationszentrum Wien zu schaffen, indem sie das Rehabilitationszentrum Weißer Hof in der Stadtgemeinde Klosterneuburg mit dem Rehabilitationszentrum Meidling im 12. Wiener Gemeindebezirk zusammenführte und mit dem Traumazentrum Wien – Standort Meidling baulich verband. Die Kostenplanungsinstrumente für den Neubau des Trauma- und Rehabilitationszentrums Wien waren unzureichend, stellt der Rechnungshof fest. Denn von der Genehmigung und Ausschreibung des Neubaus für das Trauma- und Rehabilitationszentrum Wien Ende Juni 2021 bis zur Beschlussfassung des Kostenanschlags durch den Verwaltungsrat im Dezember 2022 stiegen die geplanten Kosten von 198,42 Millionen Euro auf 449,81 Millionen Euro auf mehr als das Doppelte. Grund waren unter anderem Umplanungen und eine Flächenerweiterung.
Kein offenes Verfahren bei sieben überprüften Vergaben über 100.000 Euro
Der Rechnungshof überprüfte auch Bauaufträge der AUVA und wählte dafür zwölf Bauaufträge mit einer Vergabesumme zwischen rund 17.000 Euro und rund 896.000 Euro nach risikoorientierten Grundsätzen aus. Acht Vergabefälle hatten eine Vergabesumme über 100.000 Euro, in sieben davon wandte die AUVA das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung an, ein Verfahren mit eingeschränkter Öffentlichkeitswirkung.
In einem Fall vergab sie den Auftrag zur Sanierung der Innenhof-Fassade ihres Gebäudes in der Rathausstraße um 198.643 Euro in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit einem Bieter, ohne die ordnungsgemäße Wahl dieses Vergabeverfahrens ausreichend zu begründen. Die Preisbildung der Leistungen, die in diesem Verfahren mit nur einem Bieter verhandelt wurden, unterlag nicht dem Wettbewerb.
Presseinformation: Liegenschaften der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
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- Umfang:
- 100 Seiten
Bericht: Liegenschaften der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt
Der Rechnungshof überprüfte von Juli 2022 bis September 2022 und von Mai 2023 bis Jänner 2024 Liegenschaften der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA), einem Sozialversicherungsträger mit Schwerpunkt Unfallversicherung. Prüfungshandlungen setzte der Rechnungshof auch beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in dessen Funktion als Aufsichtsbehörde über die Sozialversicherungsträger.
Ziel der Gebarungsüberprüfung war die Beurteilung
• der Verlegung der Hauptstelle der AUVA und der Landesstelle Wien vom 20. Wiener Gemeindebezirk in den 10. Wiener Gemeindebezirk,
• der Verlegung des Rehabilitationszentrums Weißer Hof von der Stadtgemeinde Klosterneuburg in den 12. Wiener Gemeindebezirk,
• der mit diesen Vorgängen zusammenhängenden Liegenschaftstransaktionen und geplanten Investitionen und
• der nach risikoorientierten Grundsätzen ausgewählten Bauaufträge zur Sanierung von Gebäuden im Eigentum der AUVA.
Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2023. Einzelne Feststellungen betrafen auch frühere Zeiträume.