Rechnungshof sieht Sparpotenzial bei kostenintensiven Medienschaltungen der Stadt Wien

17. Jänner 2025 – Vollständige Übersicht zur Medienarbeit fehlte

Wiener Rathaus - Copyright: Foto: iStock/Guven Ozdemir

Für transparente und gut koordinierte Medienarbeit braucht es eine Übersicht über alle, für Medienkampagnen sowie -schaltungen, Agenturleistungen und Eigenmedien anfallenden Aufwendungen. Der Rechnungshof vermisste eine derartige Übersicht bei der Medienarbeit der Stadt Wien. Das stellt er unter anderem in seinem heute veröffentlichten Bericht „Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Stadt Wien“ fest. Weitere Defizite sehen die Prüferinnen und Prüfer bei den Direktvergaben für Kreativ- und Produktionsleistungen. Sparpotenzial gibt es bei kostenintensiven Medienschaltungen, etwa indem die Stadt Wien die für ihre Bevölkerung relevanten Angebote verstärkt in ihren Eigenmedien veröffentlicht. Besonders begründungsbedürftig sieht der Rechnungshof in diesem Zusammenhang bestimmte Kampagnen, wie etwa jene über eine Bio-Eigenmarke der Stadt Wien mit dafür eingesetzten 1,21 Millionen Euro im Jahr 2022. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2019 bis 2021.

Keine vollständige Übersicht

Für seine Prüfung ersuchte der Rechnungshof die Stadt Wien um Daten zu ihren Medienschaltungen beziehungsweise entgeltlichen Veröffentlichungen wie Medium, Listenpreis, tatsächlich bezahltem Preis, Meldung an die KommAustria sowie Agenturaufträgen. Eine vollständige Übersicht konnte sie jedoch nicht übermitteln. Die fehlende Übersicht über die für Medienkampagnen beziehungsweise -schaltungen, Agenturleistungen und Eigenmedien der Stadt Wien anfallenden Mittel stellt ein Transparenz- und Steuerungsdefizit dar.

Der Rechnungshof empfiehlt der Stadt Wien daher, die interne Organisation ihrer Medienarbeit so zu gestalten, dass eine Übersicht über die Aufwendungen sämtlicher Dienststellen für Medienarbeit sichergestellt ist. Im Sinne der Transparenz wären diese Informationen auch der Öffentlichkeit mehrere Jahre auf der Website der Stadt Wien zugänglich zu machen.

Medienarbeit dezentral organisiert, zahlreiche Dienststellen involviert

Die Medienarbeit der Stadt Wien ist dezentral organisiert. Neben dem hauptzuständigen Presse- und Informationsdienst – der Magistratsabteilung 53 (PID, heute: „Kommunikation und Medien“) – setzten zahlreiche weitere Dienststellen Ressourcen in diesem Bereich ein.

Von 2019 bis 2022 wandte allein der PID insgesamt 143,41 Millionen Euro für Medienarbeit auf. Davon entfielen 84,53 Millionen Euro (59 Prozent) auf Medienkampagnen und -schaltungen und 58,88 Millionen Euro (41 Prozent) auf Eigenmedien und Publikationen der Stadt Wien. Im selben Zeitraum meldete die Stadt Wien in Summe 92,87 Millionen Euro an Entgelten für Medienschaltungen an die KommAustria. Davon entfielen 67,25 Millionen Euro (72,41 Prozent) auf zehn Medien – die größten Anteile machten dabei Heute, Krone und Österreich aus.

Bedarf an Medienkampagnen vorab klären

Ein Großteil der Medienschaltungen der Stadt Wien erfolgte im Rahmen thematischer Kampagnen. Der Rechnungshof überprüfte insgesamt sieben solcher Kampagnen. Dabei stellte er fest, dass die Stadt Wien in den Jahren 2019 und 2020 die Ziele und Zielgruppen der durchgeführten Kampagnen nicht durchgängig dokumentierte. Inwieweit die im Rahmen der jeweiligen Kampagne getätigten Medienschaltungen einem konkreten Informationsbedürfnis dienten, war in den Akten der Stadt Wien nicht systematisch festgehalten. 2021 wurde erstmalig der Jahresbericht der Stadtkommunikation – und somit eine grundsätzliche Dokumentation – veröffentlicht. Insbesondere die Veröffentlichung von darin festgehaltenen Agenturleistungen und für Außenwerbung ausgegebenen Beträgen sah der Rechnungshof als einen Schritt hin zu mehr Transparenz in der Medienarbeit.

1,21 Millionen Euro für Bio-Eigenmarke „Wiener Gusto“

Als besonders begründungsbedürftig erachtet der Rechnungshof die Durchführung bestimmter Kampagnen, wie der jährlichen Information über Freizeitmöglichkeiten und über eine Bio-Eigenmarke der Stadt Wien. Deren Mitteleinsatz („Sommer in Wien“, 2019 mit 2,35 Millionen Euro und „Wiener Gusto“, 2022 mit 1,21 Millionen Euro) war beträchtlich. Bei der Kampagne „Wiener Gusto“ fehlte eine Kosten-Nutzen-Überlegung. Die zu erwartenden Auswirkungen der Kampagne wären etwa in Form von Umsatzerwartungen zu den Verkaufszahlen im beworbenen Online-Shop vorab relativ leicht darzulegen gewesen.

Weiters empfiehlt der Rechnungshof bei Medienkampagnen sowie -schaltungen, vorab stets den konkreten Bedarf zu klären und die Möglichkeit
kostengünstigerer alternativer Formen der Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu überprüfen.

Über zentrale Eigenmedien verstärkt informieren

Mit „Mein Wien“ verfügt die Stadt über ein Printmedium, das jedem Wiener Haushalt zugestellt wird und damit potenziell jede in Wien lebende Person erreichen kann. Neben „Mein Wien“ betreibt die Stadt noch weitere Eigenmedien und Kanäle im Internet und auf Social-Media-Plattformen. 2021 wandte die Stadt Wien zumindest 50,59 Millionen Euro auf, um die Bevölkerung zu informieren. Davon entfielen 15,76 Millionen Euro auf Eigenmedien und 34,83 Millionen Euro auf Medienkampagnen und -schaltungen.

Bei Informationen über die für das unmittelbare Lebensumfeld der Wiener Bevölkerung relevanten Angebote sollte die Stadt Wien verstärkt ihre Eigenmedien nutzen. Dadurch könnten kostenintensive Medienschaltungen reduziert werden.

Vergleichsangebote bei der Beauftragung von Kreativagenturen nicht eingeholt

Der PID beauftragte Schaltleistungen mit Auftragswerten bis unter 100.000 Euro stets als Direktvergaben. Im Jahr 2021 vergab er insgesamt 2.580 Schalt- und Agenturaufträge, von denen der Rechnungshof 122 Akten beispielhaft überprüfte. In mehr als einem Drittel war das Angebot des beauftragten Unternehmens nicht dokumentiert und damit schwer nachvollziehbar. Weiters holte der PID keine Vergleichsangebote bei der Beauftragung von Kreativagenturen ein. Der Rechnungshof empfiehlt, einen angemessenen und transparenten Wettbewerb bei der Vergabe von Kreativ- und Produktionsleistungen sicherzustellen.

Presseförderung soll die Meinungsvielfalt und den sachlichen öffentlichen Diskurs ermöglichen

Abschließend erinnert der Rechnungshof – wie schon im Bericht „Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Klimaschutzministerium“ – daran, dass den Medien in einer demokratischen Gesellschaft eine zentrale Rolle zukommt: Sie informieren die Bürgerinnen und Bürger unter anderem über das politische Geschehen und sollen so zu einem von Argumenten getragenen öffentlichen Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen beitragen. Zugleich schaffen sie – gleichsam im Sinne einer kontrollierenden vierten Staatsgewalt – Transparenz und Nachvollziehbarkeit im staatlichen Handeln.

Das System der Presseförderung hat daher vor allem eine qualitative und auf journalistischer Sorgfalt beruhende Berichterstattung in den Mittelpunkt zu stellen, die die Meinungsvielfalt und den sachlichen öffentlichen Diskurs ermöglicht. Medienkampagnen und -schaltungen dürfen keine Instrumente der Medienfinanzierung oder Politikwerbung sein. Medienkampagnen und -schaltungen der öffentlichen Hand sind nur bei entsprechendem Bedarf durchzuführen; Inhalt, Umfang und die Wahl des Mediums sind ausschließlich an der für die Zielgruppe gebotenen Information zu orientieren.

Presseinformation: Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Stadt Wien

pdf Datei: 
2,496.0 KB
Umfang: 
80 Seiten

Bericht: Kostentransparenz bei der Medienarbeit – Stadt Wien

Der Rechnungshof überprüfte die Kostentransparenz bei der Medienarbeit in der Stadt Wien. Prüfungsziel war insbesondere die Beurteilung der Organisation, Planung und Durchführung von Medienkampagnen, –schaltungen und -kooperationen, der Hinzuziehung von Medienagenturen für Schalt- und Kreativleistungen sowie der Einhaltung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes (in der Folge: Medientransparenzgesetz). Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2021; soweit im Kontext zweckmäßig bzw. zum Verständnis erforderlich, bezog der Rechnungshof auch Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums mit ein, zum Beispiel bei der Darstellung der Aufwendungen des Presse- und Informationdienstes der Stadt Wien bis inklusive 2022.

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