Universitätsfinanzierung NEU: Gewinner waren vor allem Universitäten mit MINT-Studienangebot

07. Februar 2025 – Anteile einzelner Universitäten am Gesamtbudget änderten sich kaum

Studentinnen und Studenten in einem Hörsaal - Copyright:  Foto: iStock/gorodenkoff

Der Rechnungshof prüfte in seinem Bericht „Universitätsfinanzierung NEU“ unter anderem, wie sich das neugestaltete System der Universitätsfinanzierung auf die Verteilung des Budgets im universitären Sektor auswirkte. Die Universitätsfinanzierung erfolgt über dreijährige Leistungsvereinbarungen zwischen dem Wissenschaftsministerium und der jeweiligen Universität. Die Universitätsfinanzierung NEU gilt seit der Leistungsvereinbarungsperiode (LV) 2019 bis 2021. Es zeigte sich: Seit 2013 hatten sich die Anteile einzelner Universitäten am Gesamtbudget kaum verändert – unabhängig davon, wie das Finanzierungssystem ausgestaltet war. Tendenziell zählten Universitäten mit ungünstigen Betreuungsverhältnissen oder einem technischen und naturwissenschaftlichen Studienangebot zu den Gewinnern des neuen Finanzierungssystems, künstlerische Universitäten verloren fast durchgängig Anteile. Der Grund war, dass die Reform den Ausbau von Studienplätzen, insbesondere in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT), und die Verbesserung bei Studien mit ungünstigen Betreuungsverhältnissen zum wesentlichen Inhalt hatte. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2019 bis 2022.

Die Universitätsfinanzierung NEU beruht auf drei Säulen: Lehre, Forschung und Entwicklung und Erschließung der Künste (EEK) sowie Infrastruktur und strategische Entwicklung (Säule 3). Die Mittel der ersten beiden Säulen werden basierend auf Indikatoren, also Zielwerten, an die Universitäten vergeben. Für den Fall, dass die Universität die als Mindestwerte konzipierten Zielwerte für die Basisindikatoren nicht erreicht, ist vorgesehen, dass das Wissenschaftsministerium Budgetmittel einbehält. Die einbehaltenen Mittel sind auf die anderen Universitäten aufzuteilen. Es gibt Basisindikatoren – über die der Großteil der Budgetmittel verteilt wird – ohne direkte Konkurrenz zwischen den Universitäten sowie Wettbewerbsindikatoren in unmittelbarer Konkurrenzsituation. Der Basisindikator in der Lehre ist die Anzahl der prüfungsaktiv betriebenen Studien, wenn also mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkte im Studienjahr abgelegt werden. Ein Wettbewerbsindikator in der Säule Lehre ist beispielsweise die Anzahl der Studienabschlüsse. Basisindikator in der Forschung/EEK ist die sogenannte Forschungsbasisleistung. Sie umfasst im Wesentlichen das wissenschaftliche und künstlerische Personal einer Universität. In der Säule 3 sind unter anderem die Mittel für die Infrastruktur, etwa für Mieten, sowie für die wirtschaftliche Absicherung der Universitäten enthalten.

Das Gesamtbudget für Universitäten betrug in der LV-Periode 2019 bis 2021 rund elf Milliarden Euro, in der LV-Periode 2022 bis 2024 rund zwölf Milliarden Euro.

Wirtschaftliche Absicherung der Universitäten

Die Reform sieht vor, dass keine Universität durch die Einführung der Universitätsfinanzierung NEU in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten oder wirtschaftlich schlechter als bisher gestellt werden sollte. Deswegen traf das Wissenschaftsministerium Entscheidungen für ausgleichende Maßnahmen. Diese trugen dazu bei, dass sich die Anteile der einzelnen Universitäten am Gesamtbudget im neuen System nur in überschaubarem Ausmaß verändert hatten. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass wichtige Parameter in der Universitätsfinanzierungsverordnung durch den Wissenschaftsminister festgelegt wurden – wobei diese Festlegungen nicht durchgängig transparent waren. Das betraf unter anderem die Festlegung der Datengrundlage für die Indikatoren und deren Gewichtung sowie die Ermittlung der Finanzierungssätze.

Ministerium legte Kriterien für Verteilung der einbehaltenen Mittel nicht vorab konkret fest

Der Rechnungshof hält fest, dass das Wissenschaftsministerium vor allem bei der Abrechnung der Säule Lehre darauf verzichtete, einen Teil der Mittel einzubehalten und die verbleibenden Mittel ohne vorab festgelegte Kriterien verteilte. Vorgesehen war: Erfüllten die Universitäten in der LV-Periode 2019 bis 2021 die vereinbarte Mindestanzahl von prüfungsaktiven Studien im Studienjahr 2019/20 nicht, behielt das Wissenschaftsministerium einen entsprechenden Teil der Säule Lehre ein. Die rechnerischen Einbehalte betrugen rund 100 Millionen Euro. Jedoch: Aufgrund der Erschwernisse im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie reduzierte das Wissenschaftsministerium die Einbehalte auf rund 56 Millionen Euro. Der Rechnungshof kritisiert, dass für die Reduktion beziehungsweise Verteilung der einbehaltenen Mittel vorab keine konkreten Kriterien vereinbart waren. Das hatte zur Folge, dass das Wissenschaftsministerium die Systematik der Verteilung anlassbezogen festlegen konnte. Für die Universitäten war dadurch schwer abschätzbar, wie viele Mittel im letzten Jahr der LV-Periode zur Verfügung standen. Außerdem setzte das Wissenschaftsministerium die finanziellen Konsequenzen bei Nichterreichen der Zielwerte für die LV-Periode 2022 bis 2024 überhaupt aus. Durch diese Maßnahmen verminderte das Wissenschaftsministerium die indikatorbasierte Wirkung der Universitätsfinanzierung NEU.

Fächergruppen transparent zuordnen

Die Studien beziehungsweise die Forschung/EEK werden einer von sieben Fächergruppen zugeordnet und unterschiedlich gewichtet. Die Basisindikatoren aus Lehre und Forschung werden mit den entsprechenden Fächergruppengewichtungen bewertet, um zum jeweiligen Basisindikatorbudget der Säulen Lehre und Forschung/EEK zu gelangen. Die geringsten Budgetmittel sind in der Lehre für die sogenannten „Buchwissenschaften“, zum Beispiel Rechts- oder Geisteswissenschaften, vorge-sehen, die höchsten für Studien aus dem Bereich Musik und darstellende Kunst. In der Forschung/EEK war die höchste Gewichtung für  den Bereich Natur­wissenschaften und Technik vorgesehen. Der Rechnungshof kritisiert, dass das Wissenschaftsministerium nicht transparent machte, nach welchen Grundsätzen es die Studienfelder in der Säule Lehre den Fächergruppen zuordnete. Unklar ist, warum gleiche Studienfelder an wissenschaftlichen Universitäten anderen Fächergruppen zugeordnet waren als an künstlerischen Universitäten. Da die Zuordnung unmittel-bare finanzielle Auswirkungen auf die Universitäten hat, erachtet der Rechnungshof eine möglichst transparente Darstellung der Zuordnung als zweckmäßig.

Die Prüfungsaktivität ist der primäre Output-Faktor, an dem die Universitäten in der Universitätsfinanzierung NEU gemessen werden. Längerfristig betrachtet ließ sich ein tendenziell steigender Anteil der prüfungsaktiven Studien an den belegten Studien beobachten. Budgetrelevant ist aber nicht der Anteil, sondern die Anzahl der prüfungsaktiven Studien. Der Rückgang von belegten Studien – darunter Mehrfachbelegungen – ging trotz generell gestiegener Prüfungsaktivität mit einem Rückgang von prüfungsaktiven Studien einher. Im Zeitraum 2016/17 bis 2020/21 wurden durchschnittlich 40 Prozent der belegten Studien nicht prüfungsaktiv betrieben, mehr als die Hälfte davon ohne jegliche Prüfungsleistung.

Der Rechnungshof stellt zudem fest: Österreich lag beim Anteil der öffentlichen und privaten Ausgaben für Bildungseinrichtungen im Bereich der Universitäten (Tertiärbereich) am Bruttoinlandsprodukt im internationalen Vergleich im vorderen Feld. Das Ziel von zwei Prozent, das die Bundesregierung anstrebte, wurde allerdings verfehlt.

Presseinformation: Universitätsfinanzierung NEU

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Umfang: 
108 Seiten

Bericht: Universitätsfinanzierung NEU

Der Rechnungshof überprüfte von September 2023 bis Februar 2024 die Gebarung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Technischen Universität Wien und der Universität Wien hinsichtlich der Neugestaltung des Systems der Universitätsfinanzierung.

Ziel der Gebarungsüberprüfung war die Beurteilung
• der Auswirkungen der Universitätsfinanzierung NEU auf die Verteilung des Budgets im universitären Sektor und
• der Zweckmäßigkeit der gewählten Indikatoren, anhand derer Teile des Budgets verteilt wurden, in Bezug auf die Erreichung ausgewählter bildungspolitischer Ziele.

Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2019 bis 2022.

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