"Gelber Zettel": Beschwerden über gescheiterte Zustellversuche bei der Post gestiegen

14.01.2022 – Post AG soll ungerechtfertigter Ausgabe der "Gelben Zettel" mehr Aufmerksamkeit widmen

Bei der Post AG ist die Zahl der ausgegebenen Zustellbenachrichtigungen („Gelber Zettel“) in den Jahren 2016 bis 2019 um 67 Prozent gestiegen. In Befragungen gaben 17 Prozent an, eine solche Benachrichtigung erhalten zu haben, obwohl zum Zeitpunkt der Zustellung jemand im Haushalt anwesend war. Die Post AG steht vor allem auf dem Pakete-Sektor zunehmend im Wettbewerb mit Online-Händlern, die ihr Geschäftsmodell auf mengenstarke, städtische Gebiete optimiert haben. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes zeigen in ihrem heute veröffentlichten Bericht „Österreichische Post AG – Qualität der Brief- und Paketzustellung im Universaldienst“ Defizite bei der langfristigen Sicherstellung und zukunftsweisenden Ausrichtung der Grundversorgung mit Postdienstleistungen auf. Geprüft wurden die Jahre 2016 bis 2019 sowie das erste Halbjahr 2020.

Gescheiterte Zustellung trotz behaupteter Anwesenheit

Zum Erhalt der Kundenzufriedenheit, aber auch, um Kosten zu senken, ist aus Sicht der Post AG die Erstzustellquote ein wichtiger Indikator. Die Zahl der ausgegebenen Zustellbenachrichtigungen („Gelber Zettel“) stieg von 2016 bis 2019 um 67 Prozent und lag damit zehn Prozentpunkte über dem Anstieg des Paketvolumens. Bei einer Kundenbefragung im Jahr 2019 gaben 17 Prozent der Befragten an, einen „Gelben Zettel“ für die Abholung von Paketen erhalten zu haben, obwohl zum Zeitpunkt der Zustellung jemand im Haushalt anwesend war. Im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei elf Prozent. Der Rechnungshof empfiehlt der Post AG, der ungerechtfertigten Ausgabe der „Gelben Zettel“ mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Beschwerden stiegen übrigens auch bei der Paketzustellung: Von 2016 bis 2019 um 28 Prozent. Im Jahr 2019 gab es rund 100.000 Beschwerden zu Briefen und mehr als 110.000 zu Paketen. Und: Zu verloren gegangenen Sendungen gab es kein Monitoring, auch weil die bestehende Gesetzeslage dies nicht erforderte. Der Rechnungshof erhob anhand der von der Post AG ausbezahlten Entschädigungszahlungen für verlorene Paketsendungen, dass deren Anzahl im Verhältnis zum gesamten Sendungsvolumen zwar von geringer Bedeutung war, ihr Anteil im Zeitverlauf jedoch stieg.

Positiv beurteilt der Rechnungshof die Zustellgeschwindigkeit: Gemäß einer europäischen Norm sollten 95 Prozent der Priority-Briefe im Inland innerhalb eines Werktags zugestellt sein, 90 Prozent der Pakete innerhalb von zwei Werktagen. Die Post AG erreichte diese Laufzeiten in den Jahren 2016 bis 2019 überwiegend oder übertraf sie sogar.

Flächendeckend erschwingliche Leistungen der Post

Bis zum Jahr 2011 wurde die Liberalisierung der Postmärkte in der EU in einem etwa 20 Jahre andauernden Prozess vorangetrieben. Bisherige Monopolunternehmen müssen seither unternehmerisch agieren. Die Grundversorgung mit Postdienstleistungen wird jedoch nach wie vor staatlich geregelt. Das Angebot der Postdienste wäre sonst auf Ballungsräume beschränkt und entlegene Gebiete wären aufgrund höherer Zustellkosten unterversorgt. Die Post AG ist zur „ständigen flächendeckenden Bereitstellung von hochwertigen Basispostdiensten zu erschwinglichen Preisen für alle Kunden“ verpflichtet. Zum regulierten Bereich des sogenannten Universaldienstes zählen etwa Postsendungen bis zwei Kilogramm, Postpakete bis zehn Kilogramm, Einschreiben, behördliche Schriftstücke, Zeitungen sowie adressierte Werbesendungen. Neben der Post AG bieten weitere Postdienstanbieter einzelne regulierte Dienstleistungen an. Umgekehrt ist auch die Post AG im nicht regulierten Bereich tätig.

Heiß umkämpfter Paket-Markt

Mit einem Marktanteil von 99 Prozent hat die Post AG ihre Monopolstellung im liberalisierten Briefmarkt de facto beibehalten. Obwohl die Sendungsmengen zurückgegangen sind, blieb der Gesamtumsatz der Briefpost wegen Entgeltanpassungen weitgehend konstant. Im Paket-Bereich steht die Post AG hingegen im starken Wettbewerb, vor allem in urbanen Gebieten. So optimieren Mitbewerber ihr Geschäftsmodell, indem sie mengenstarke, städtische Gebiete selbst beliefern und die abgelegenen Regionen der Post überlassen. In diesem Zusammenhang verweist der Rechnungshof auf seine Empfehlung an den Gesetzgeber, einen tragfähigen finanziellen Ausgleichsmechanismus zu entwickeln. In den Jahren 2016 bis 2019 betrug der Anteil der Post AG am österreichischen Paketmarkt durchschnittlich 48 Prozent.
Insgesamt wurden von 2016 bis 2019 durchschnittlich 4,7 Milliarden Sendungen pro Jahr verzeichnet.


Zukunftsweisende Weiterentwicklung der Grundversorgung mit Postdiensten

Die EU-Postrichtlinie legt Mindestmerkmale des Universaldienstes fest, die derzeit auch im Lichte der sich erheblich veränderten Postmärkte überarbeitet wird. Für die Regulierung auf nationaler Ebene ist das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zuständig. Die mit den Aufgaben der Postbehörde betraute Fachabteilung des Ministeriums hat „alle Fragen wahrzunehmen und zusammenfassend zu prüfen“, die für eine vorausschauende Planung grundsätzliche Bedeutung haben.

Der Rechnungshof kritisiert, dass die Postbehörde es unterließ, den Universaldienst – wie gesetzlich gefordert – regelmäßig zu evaluieren. Der jährliche Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde bot bei weitem keine Grundlage, die der Bundesregierung und dem Nationalrat – zehn Jahre nach der Liberalisierung des Postmarkts – erlaubt hätte, Schlussfolgerungen über die künftige Entwicklung und Absicherung des Universaldienstes zu ziehen. Ein entsprechender Bericht sollte von der Postbehörde erstellt oder beauftragt werden.


Presseinformation: Österreichische Post AG – Qualität der Brief- und Paketzustellung im Universaldienst

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3,947.8 KB
Umfang: 
124 Seiten

Bericht: Österreichische Post AG – Qualität der Brief- und Paketzustellung im Universaldienst

Der Rechnungshof überprüfte die Qualität der Brief- und Paketzustellung bei der Österreichischen Post Aktiengesellschaft. Prüfungsziele waren die Erhebung und Beurteilung des Rechtsrahmens und der Qualitätsvorgaben für den Universaldienst – also die Grundversorgung mit Postdiensten – und deren Umsetzung, des Umgangs der Österreichischen Post Aktiengesellschaft mit Beschwerden, der Wahrnehmung der Aufsicht durch die Oberste Postbehörde und durch die Regulierungsbehörden sowie des Notfallmanagements der Österreichischen Post Aktiengesellschaft. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2016 bis 2019, soweit erforderlich auch vorhergehende Jahre sowie das erste Halbjahr 2020.

Bericht: Österreichische Post AG – Qualität der Brief- und Paketzustellung im Universaldienst Herunterladen