Kunststoff: Erheblicher Handlungsbedarf zur Steigerung der getrennten Sammlung 

25.11.2022 – System der Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff hochkomplex

Kunststoff ist ein attraktiver Packstoff, denn er ist kostengünstig, widerstandsfähig und hat ein geringes Gewicht. Der Nachteil: Kunststoff wird aus nicht nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und findet als Verpackung oder in Einwegprodukten nur einmalig Verwendung. Der Rechnungshof prüfte die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff in Österreich und veröffentlichte dazu heute seinen Bericht. Die Prüferinnen und Prüfer verweisen darin kritisch auf die komplexen gesetzlichen Bestimmungen für Verpackungsabfälle, die eine korrekte Entsorgung erschweren.

Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2016 bis 2020. In Einzelfällen nahm der Rechnungshof auch Bezug auf Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums.

Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben wird empfohlen

Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 unterscheidet zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen. Dabei ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal die Größe beziehungsweise das Füllvolumen. So gelten etwa Verpackungen mit einem Füllvolumen bis einschließlich fünf Liter als Haushaltsverpackungen. Von den im Jahr 2020 in Österreich angefallenen rund 300.000 Tonnen Verpackungsabfällen aus Kunststoff waren rund zwei Drittel Haushaltsverpackungen und rund ein Drittel gewerbliche Verpackungen.

Die Regelungen für die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff waren im überprüften Zeitraum sehr komplex. Die Unterscheidung in Haushaltsverpackungen und gewerbliche Verpackungen führte zu unterschiedlichen rechtlichen Verpflichtungen bei den Sammel- und Verwertungssystemen, zu unterschiedlichen Lizenzgebühren und Sammelinfrastrukturen sowie zu einer Vielzahl an vertraglichen Beziehungen.

Nach Ansicht der Prüferinnen und Prüfer waren die gesetzlichen Bestimmungen für die vielen Akteure – Unternehmen, Haushalte, öffentliche Einrichtungen, Gemeinden, Gemeindeverbände und private Entsorgungsunternehmen – schwer zu fassen. Die Komplexität der Bestimmungen erschwerte für alle Akteure die korrekte Entsorgung von Verpackungsabfällen und deren Kontrolle.

Der Rechnungshof wertet positiv, dass mit der Verpackungsverordnungs-Novelle 2021 erste Schritte zur Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben gesetzt wurden. Er empfiehlt dem Klimaschutzministerium, sich für weitere Möglichkeiten zur Vereinfachung der rechtlichen Vorgaben für die Entsorgung von Verpackungsabfällen einzusetzen, um die Komplexität zu verringern und die Kontrollen zu erleichtern. Eine Möglichkeit wäre dabei, die Unterscheidung zwischen Haushaltsverpackungen und gewerblichen Verpackungen aufzuheben.

Hohe Trittbrettfahrerquote bei Kunststoffverpackungen

Beim Umgang mit Verpackungsabfällen gilt in Österreich das Prinzip der Herstellerverantwortung. Diejenigen, die Verpackungen gewerbsmäßig in Verkehr setzen, werden als In-Verkehr-Setzer bezeichnet. Dazu zählen etwa Hersteller von Serviceverpackungen oder Importeure von verpackten Waren. Sie haben die von ihnen in Verkehr gesetzten Verpackungen kostenlos zurückzunehmen und zu verwerten oder sie haben ein Sammel- und Verwertungssystem damit zu beauftragen, für sie die Verpackungen zu sammeln und zu verwerten. In diesem Fall zahlen sie Lizenzgebühren. In-Verkehr-Setzer, die ihre Verpackungen nicht selbst entsorgen und dennoch nicht oder nur unvollständig bei einem Sammel- und Verwertungssystem lizensieren, sind sogenannte Trittbrettfahrer.

Die Prüferinnen und Prüfer kritisieren die hohe und im überprüften Zeitraum gestiegene Trittbrettfahrerquote bei Kunststoffverpackungen: Diese lag in den Jahren 2016 bis 2020 bei den Haushaltsverpackungen zwischen rund 22 Prozent und rund 27 Prozent und bei den gewerblichen Verpackungen zwischen rund 25 Prozent und rund 31 Prozent. Damit entgingen dem abfallwirtschaftlichen Gesamtsystem finanzielle Mittel. Außerdem verschafften sich Unternehmen durch die unterlassene Zahlung der Lizenzgebühren einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil.

Getrennte Sammlung steigern

Im Jahr 2020 wurden nur rund 58 Prozent der gesamten Haushaltsverpackungen aus Kunststoff und nur rund 33 Prozent der gewerblichen Verpackungen aus Kunststoff getrennt erfasst. Daher weist der Rechnungshof auf den erheblichen Handlungsbedarf zur Steigerung der getrennten Sammlung hin. Um im Jahr 2025 mindestens 50 Prozent der Kunststoffverpackungen recyclen zu können, ist die getrennte Sammlung deutlich zu steigern.


Presseinformation: Verpackungsabfälle aus Kunststoff


pdf Datei: 
4,855.4 KB
Umfang: 
122 Seiten

Bericht: Verpackungsabfälle aus Kunststoff

Der Rechnungshof überprüfte von Oktober 2021 bis Februar 2022 im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und bei der VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff. Ziele der Gebarungsüberprüfung waren die Erhebung der rechtlichen Verpflichtungen Österreichs und der Zielvorgaben für die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen aus Kunststoff sowie die Darstellung der Entwicklung des Abfallaufkommens. Darauf aufbauend beurteilte der Rechnungshof die Organisation, Finanzierung, Aufsicht und Kontrolle der Sammlung und Verwertung der Abfälle sowie Maßnahmen zur Erreichung der Zielvorgaben. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2016 bis 2020. In Einzelfällen nahm der Rechnungshof auch Bezug auf Sachverhalte außerhalb dieses Zeitraums.

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