Einsatz der Fußfessel verstärken
Der Rechnungshof Österreich hat heute folgende Berichte vorgelegt:
- Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs
- Koordinierung von Qualitätszeichen im Lebensmittelbereich
Österreichs Gefängnisse sind am Limit. 9.163 Häftlinge verzeichnete Österreich am 1.1.2019. Davon trugen etwa 340 Personen zu diesem Stichtag eine Fußfessel. Der Rechnungshof Österreich prüfte für die Jahre 2015 bis 2018 die Generaldirektion für den Straf- und Maßnahmenvollzug im Justizministerium. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs“ verweist der Rechnungshof Österreich auf die hohe Anzahl an Gefängnisinsassinnen und Gefängnisinsassen. Ein weiterer Kritikpunkt: die Senkung des Leistungsniveaus für die Rekrutierung des Justizwachepersonals.
Der Rechnungshof Österreich empfiehlt: Einsatz der Fußfessel verstärken
In den Justizanstalten bestehen aus Sicherheitsgründen getrennte Abteilungen, so zum Beispiel für den Normalvollzug, den Erstvollzug, jugendliche Häftlinge oder Frauen. Im Hinblick auf die gewidmeten Haftplätze ging die Generaldirektion davon aus, dass die Justizanstalten in der Regel bei 90 Prozent oder 95 Prozent Belag voll ausgelastet sind. Von 2015 bis Jahresbeginn 2019 stieg die Zahl der Häftlinge um 5,4 Prozent an. Die bundesweite Gesamtauslastung lag mit 1.1.2019 bei über 95 Prozent. Einige Justizanstalten waren bereits an der Auslastungsgrenze angelangt und deutlich überbelegt: 2018 betrug die Auslastung der Justizanstalt Wien- Josefstadt sogar 117 Prozent. Der Rechnungshof Österreich empfiehlt daher dem Justizministerium, die Häftlingszahlen – wenn aus Sicherheitsgründen möglich – zu senken. Er schlägt hier einen erhöhten Einsatz von Fußfesseln vor oder die Überstellung von Häftlingen zum Vollzug in deren Herkunftsstaat. Wenn notwendig, wären die Haftplatzkapazitäten zu erhöhen.
Ministerium vereinfacht Bewerbungsverfahren für Justizwachebedienstete
Der Rechnungshof Österreich zeigt in seinem Bericht auch die Herausforderung auf, geeignetes Personal für die Justizwache zu finden. So waren im überprüften Zeitraum Planstellen offen: zuletzt waren weniger als 95 Prozent der Planstellen besetzt. Schwierig sieht der Rechnungshof Österreich den hohen Anteil älterer Bediensteter. Mitte 2018 waren mehr als 30 Prozent über 50 Jahre alt. Zudem lag das Pensionsantrittsalter durchschnittlich bei 58 Jahren. Um genügend Bewerbungen für die Justizwache zu haben, senkte das Justizministerium die Kriterien für den positiven Abschluss eines Bewerbungsverfahrens. So wurden etwa in den Bereichen „Rechtschreibung“ und „Allgemeinwissen“ die Kriterien für „bestanden“ von 50 Prozent auf 40 Prozent gesenkt, im Bereich „Rechnen“ von 50 Prozent auf bloß 33 Prozent. Der Rechnungshof Österreich sieht die Senkung der Anforderungen für die Bewerberauswahl als problematisch. Schließlich gilt es, geeignetes Personal für die Justizwache zu finden und daher die Anzahl der Bewerbungen zu erhöhen.
Presseinformation: Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs
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- 3,094.2 KB
- Umfang:
- 106 Seiten
Bericht: Steuerung und Koordinierung des Straf- und Maßnahmenvollzugs
Der RH überprüfte von Oktober 2018 bis Jänner 2019 die Steuerung und Koordinierung des Strafvollzugs durch das Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz.
Private Qualitätszeichen für Lebensmittel werden nicht systematisch kontrolliert
Qualitätszeichen für Lebensmittel, die auf privaten Initiativen beruhen, unterliegen nicht zwingend einer strengen Kontrolle. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Koordinierung von Qualitätszeichen im Lebensmittelbereich“ kritisiert der Rechnungshof Österreich die fehlende Transparenz sowie eine unzureichende Strategie gegen mögliche Irreführung und Täuschung von Konsumentinnen und Konsumenten.
Konkret überprüfte er das nunmehrige Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, die Agrarmarkt Austria (AMA), die AMA Marketing GesmbH, die Länder Niederösterreich und Oberösterreich sowie das heutige Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Prüfungszeitraum waren die Jahre 2014 bis 2018.
Über 100 Qualitätszeichen für Lebensmittel
Über 100 Qualitätszeichen auf dem Lebensmittelsektor sind hierzulande im Einsatz. Allerdings: nur die wenigsten basieren auf Gesetzen oder Verordnungen. So entwickelte die AMA Marketing GesmbH das AMA-Gütesiegel und das AMA- Biosiegel. Bei den übrigen Zeichen handelt es sich meist um privatrechtliche, freiwillige Auszeichnungen. Für Konsumentinnen und Konsumenten ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nachvollziehbar, unter welchen Voraussetzungen diese Zeichen vergeben werden und wer sie überprüft.
Kritisch verweist der Rechnungshof Österreich darauf, dass verbindliche Mindestanforderungen für privat initiierte Qualitätszeichen fehlen. Diese wären jedoch eine wichtige Basis im Sinne des Verbraucherschutzes sowie für die amtliche Lebensmittelkontrolle. Der Rechnungshof Österreich weist zudem kritisch darauf hin, dass Kontrollstandards für Lebensmittelverpackungen im Hinblick auf eine Irreführung und Täuschung von Konsumentinnen und Konsumenten fehlten. Der Rechnungshof Österreich empfiehlt, Mindestanforderungen für Qualitätszeichen zu definieren. Kontrollorgane sollen nach Standards vorgehen, wenn sie die Aufmachung von Lebensmitteln im Hinblick auf Irreführung und Täuschungseignung begutachten.
Österreich hat 17 Produkte auf EU-Ebene geschützt
Auf EU-Ebene sind die Angaben „geschützte Ursprungsbezeichnung“, „geschützte geografische Angabe”, „garantiert traditionelle Spezialität” sowie das EU- Biologo gesetzlich reglementiert. Diese Qualitätszeichen dienen zum Schutz sowie zur Hervorhebung besonderer Agrarerzeugnisse. Die Zeichen erfüllen Marketingzwecke, dienen aber auch zum Schutz gegen Fälschung oder Missbrauch der Produktbezeichnung.
Für Österreich waren zur Zeit der Gebarungsüberprüfung 17 Produkte unter diesen besonderen Schutz gestellt. Dazu zählten etwa die Wachauer Marille, Tiroler Graukäse sowie Gailtaler Speck. Von insgesamt 1.429 geschützten Produkten, die zur Zeit der Gebarungsprüfung im EU-Register aufschienen, stammten somit nur 1,2 Prozent aus Österreich. Der größte Anteil des Kuchens – nämlich die Hälfte der geschützten Produkte – entfielen auf Italien, Frankreich und Spanien. In Österreich existierte keine gesamthafte Strategie, ob heimische Produkte unter Schutz gestellt werden sollen. Eine entsprechende Koordinierung bzw. Steuerung empfiehlt der Rechnungshof Österreich dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.
Presseinformation: Koordinierung von Qualitätszeichen im Lebensmittelbereich
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- Umfang:
- 100 Seiten
Bericht: Koordinierung von Qualitätszeichen im Lebensmittelbereich
Der RH überprüfte von April bis Juni 2018 die Koordinierung der Qualitätszeichen für Lebensmittel durch das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, die Agrarmarkt Austria und die Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH sowie die Länder Niederösterreich und Oberösterreich.