Aufnahmetests für Humanmedizin und Zahnmedizin

11.12.2020 – Universitäten bezahlten 430.000 Euro ohne schriftlichen Vertrag

Die Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien nahmen ab dem Aufnahmeverfahren für das Studienjahr 2013/14 wissenschaftliche Dienstleistungen eines Universitätsprofessors der Universität Graz in Anspruch. In seinem heute veröffentlichten Bericht „Aufnahmeverfahren Human- und Zahnmedizin“ hält der Rechnungshof kritisch fest, dass die Beauftragung des Universitätsprofessors ohne Ausschreibung erfolgte. Die Medizinischen Universitäten holten weder eine Schätzung des Auftragswerts noch Vergleichsangebote zur Prüfung der Preisangemessenheit ein. Die Medizinischen Universitäten zahlten für die wissenschaftlichen Dienstleistungen bis zum Studienjahr 2016/17 rund 430.000 Euro ohne schriftlichen Vertrag. Der Rechnungshof empfiehlt den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien bei Beauftragungen den Auftragswert sachkundig zu schätzen, ein zulässiges Verfahren anzuwenden und die Gründe für die Wahl des Auftragnehmers schriftlich zu dokumentieren.

Universitätsprofessor ließ Teil der Honorarnoten auf Privatkonto überweisen

Der Universitätsprofessor der Universität Graz verrechnete den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien für seine wissenschaftlichen Dienstleistungen jährlich fixe Kosten in Höhe von 3.000 Euro pro Untertest je Universität sowie an variablen Kosten sechs Euro je Studienwerberin beziehungsweise Studienwerber. Die Prüferinnen und Prüfer weisen kritisch darauf hin, dass dem Entgelt des Universitätsprofessors keine Kostenkalkulation zugrunde lag. Die Kosten konnten vom Rechnungshof nicht nachvollzogen werden. Besonders bedenklich: Der Universitätsprofessor legte der Medizinischen Universität Wien für die Aufnahmetests der Studienjahre 2014/15 bis 2016/17 Honorarnoten in Höhe von 149.670 Euro in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, obwohl es sich um ein Drittmittelprojekt handelte. Die Medizinische Universität Wien überwies diesen Betrag auf das Privatkonto des Universitätsprofessors – entgegen den Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002. In Ermangelung eines Vertrags fiel der Universität Graz nicht auf, dass Beträge in Höhe von 149.670 Euro fehlten. Der Rechnungshof empfiehlt daher der Universität Graz, die nicht ordnungsgemäßen Überweisungen der Medizinischen Universität Wien für die Aufnahmetests der Studienjahre 2014/15 bis 2016/17 bei der Finanzprokuratur prüfen zu lassen. Allenfalls wären die nicht gerechtfertigten Zahlungen beim Universitätsprofessor zurückzufordern und disziplinarrechtliche Maßnahmen zu setzen. Die Sachverhalte, die dem Rechnungshof im Zuge seiner Prüfungshandlungen Anlass zum Verdacht strafrechtsrelevanter Tatbestände gaben, übermittelte er bereits an die zuständige Staatsanwaltschaft.


Presseinformation: Aufnahmeverfahren Human- und Zahnmedizin

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120 Seiten

Bericht: Aufnahmeverfahren Human- und Zahnmedizin

Der Rechnungshof überprüfte von Mai bis Oktober 2019 an den Medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien, an der Universität Linz, der Universität Graz sowie im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung das Aufnahmeverfahren für die Studien Human– und Zahnmedizin. Prüfungsziel war die Beurteilung der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Ablauforganisation, des Testverfahrens, der Vergabe der Studienplätze, der Ausgaben und Einnahmen sowie der Evaluierungen und Wirkungen des Aufnahmeverfahrens. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Studienjahre 2013/14 bis 2018/19.

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