Der Rechnungshof hat geprüft: Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel

18.09.2020 – Land Burgenland als Aufsichtsbehörde nahezu untätig

Im Fokus der Kritik des heute veröffentlichten Berichts „Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel“ steht die mangelnde Aufsicht des Landes Burgenland: Ein Managementplan für den Nationalpark fehlt. Der Rechnungshof hält weiters fest, dass die Salzlacken des Seewinkels durch die zunehmende Versteppung stark gefährdet sind. Die Empfehlung lautet daher: Das Land Burgenland sollte mit dem Klimaschutzministerium und der Nationalparkgesellschaft einen Grundwasserbewirtschaftungsplan für den Seewinkel erstellen. Geprüft wurden die Jahre 2014 bis 2018.

Zunehmende Versteppung – keine Kontrolle über Grundwasserentnahme

Salzlacken sind ein ausgezeichneter Lebensraum für Wasservögel. Eingriffe in den Naturhaushalt – wie Entwässerung, agrarwirtschaftliche Nutzung oder Bebauung – lassen den Grundwasserspiegel im Seewinkel sinken, die Folge ist die Versteppung der Salzlacken. Der Klimawandel und der damit verbundene Rückgang an Niederschlägen verstärken zudem diese Entwicklung. Die Prüferinnen und Prüfer verweisen im Bericht darauf, dass die zunehmende Versteppung negative Auswirkungen auf den Tourismus und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region haben könnte. Außerdem kritisiert der Rechnungshof, dass ein Grundwasserbewirtschaftungsplan des Landes Burgenland für den Seewinkel fehlt.

Durch den zunehmenden Anbau bewässerungsintensiver Kulturen in der Nationalparkregion erhöhte sich die bewässerte Fläche von 22.240 Hektar im Jahr 2014 auf 23.720 Hektar im Jahr 2018. Das ist ein Plus von 6,65 Prozent. Zur Bewässerung der Feldfrüchte wurden Feldbrunnen errichtet beziehungsweise wurde bei bestehenden Feldbrunnen mehr Wasser entnommen. Tausende Feldbrunnen im Seewinkel – im Laufe der Jahre ohne behördliche Bewilligung angelegt – wurden von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See Mitte bis Ende der 1990er Jahre nachträglich bewilligt. Der Rechnungshof hält kritisch fest, dass in den wasserrechtlichen Bewilligungen der Bezirkshauptmannschaft keine Vorrichtungen für die Messung der tatsächlichen Grundwasserentnahme aus Feldbrunnen vorgeschrieben waren. Somit konnte nicht festgestellt werden, ob die genehmigten Mengen eingehalten oder überschritten wurden. Auch die einzelnen Nutzerinnen und Nutzer konnten nicht erkennen, ob das Gesamtkontingent bereits ausgeschöpft war. Der Rechnungshof empfiehlt dem Land Burgenland, im Rahmen der wasserrechtlichen Bewilligung Vorrichtungen für die tatsächliche Grundwasserentnahme, wie insbesondere Wasseruhren, verpflichtend vorzuschreiben.

Die Prüferinnen und Prüfer empfehlen zudem, Maßnahmen zum Erhalt und zur Renaturierung der Salzlacken zu setzen, um die Schutzgebiete langfristig zu bewahren. Positiv ist anzumerken, dass das Land Burgenland Ende Mai 2020 eine Task Force für den Naturraum Neusiedler See einrichtete. Ziel der Task Force ist die Erstellung eines Konzepts zur langfristigen Absicherung des Naturraums. Wesentlicher Aspekt dabei ist eine Wasserzufuhr in den Neusiedler See. Der Grundwasserspiegel soll gehoben werden, um die Salzlacken zu erhalten und den See vor Austrocknung zu schützen.

Mangelnde Aufsicht des Landes Burgenland

Der Rechnungshof kritisiert, dass die Nationalparkgesellschaft seit ihrem Bestehen – also seit 1993 – keinen Managementplan für den Nationalpark erstellt hat, obwohl dies gesetzliche Aufgabe war. Für die jährlichen Arbeitsprogramme fehlte somit im überprüften Zeitraum eine umfassende strategische Vorgabe. Das Land Burgenland blieb als Aufsichtsbehörde über Jahre hinweg nahezu untätig. Der Rechnungshof empfiehlt der Nationalparkgesellschaft, einen Managementplan zu erarbeiten und zu beschließen. Dabei wären die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) zu berücksichtigen.

Kritik am Abschuss der Wasservögel

In Nationalparks darf grundsätzlich keine jagdwirtschaftliche Nutzung erfolgen. Im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel wurde jedoch in der Naturzone, und damit in der Zone des strengsten Schutzes, eine 100 Hektar große Fläche von der Grundeigentümerin für die Jagd auf Wasserwild an Dritte vergeben. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes empfehlen daher dem Land Burgenland und der Nationalparkgesellschaft, Maßnahmen zu setzen, um das Jagen von Wasserwild in der Natur- und Bewahrungszone des Nationalparks ehestmöglich zu beenden.

Sitzungen der Gremien wurden nicht abgehalten

Für den Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel gibt es fünf Gremien: den Ausschuss der Nationalparkregion, die Nationalparkkommission, das Nationalparkforum, den Wissenschaftlichen Beirat sowie die Österreichisch-Ungarische Nationalparkkommission Neusiedlersee. Der Rechnungshof hält fest, dass sich der Ausschuss nie konstituiert hatte. Die Österreichisch-Ungarische Nationalparkkommission Neusiedlersee – zuständig für die Koordination und Abstimmung zwischen den beiden Staaten – tagte zuletzt im März 2009 und damit vor über zehn Jahren, obwohl laut Geschäftsordnung der Kommission Sitzungen zumindest einmal jährlich stattzufinden haben. Der Rechnungshof kritisiert zudem, dass das Nationalparkforum nach seiner Konstituierung nur ein einziges Mal im Jahr 1995 tagte.


Presseinformation: Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel


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Umfang: 
106 Seiten

Bericht: Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel

Der Rechnungshof überprüfte im April und Mai 2019 den Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel. Prüfungsziel war es, zu beurteilen, inwieweit die Nationalparkgesellschaft ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnahm und das Land Burgenland seinen aufsichts­behördlichen Pflichten nachkam. Weiters stellte der Rechnungshof die personelle Ausstattung und die Finanzierung der Nationalparkgesellschaft dar. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2014 bis 2018.

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