Bundesrechnungsabschluss 2022: Starker Anstieg der Finanzschulden
Der Bundeshaushalt verzeichnete mit minus 12,744 Milliarden Euro im Jahr 2022 zum dritten Mal in Folge ein hohes negatives Nettoergebnis. Der Finanzierungshaushalt wies einen Abgang von 20,762 Milliarden Euro auf. Die Finanzschulden stiegen auf 270,890 Milliarden Euro. In nur drei Jahren erhöhten sich die Finanzschulden des Bundes um rund 30 Prozent. Das geht aus dem Bundesrechnungsabschluss 2022 hervor, den der Rechnungshof heute veröffentlichte. Die Ergebnisse 2022 sind vor dem Hintergrund eines kräftigen Wirtschaftswachstums von real 5,0 Prozent zu sehen. Allerdings stieg auch die Inflation auf 8,6 Prozent, der höchste Wert seit 1974.
Zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie und zur Abfederung der Teuerung wurden im Jahr 2022 umfangreiche Hilfspakete beschlossen. Diese erhöhten den Schuldenstand wesentlich. Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Zinsausgaben des Staates zur Finanzierung der Schulden gemessen an der Wirtschaftsleistung stetig steigen wird.
In den Jahren 2020 bis 2022 betrugen die Auszahlungen des Bundes allein für die Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie 42,693 Milliarden Euro.
Finanzschulden des Bundes stiegen auf 270,890 Milliarden Euro an
Die bereinigten Finanzschulden des Bundes betrugen zum 31. Dezember 2022 insgesamt 270,890 Milliarden Euro beziehungsweise 60,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Sie waren damit um 17,324 Milliarden Euro oder 6,8 Prozent höher als 2021. Der hohe Anstieg der Finanzschulden war auf die Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie sowie auf die Entlastungsmaßnahmen zum Teuerungsausgleich zurückzuführen. Für die COVID-19- Krisenbewältigung fielen in den Jahren 2020 bis 2022 32,837 Milliarden Euro an. Darin enthalten waren die Maßnahmen der COFAG in Höhe von 15,286 Milliarden Euro. Die COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfen schlugen zusätzlich mit 9,856 Milliarden Euro zu Buche.
Innerhalb von nur drei Jahren – von 2019 bis 2022 – erhöhten sich die Finanzschulden des Bundes um insgesamt 62,122 Milliarden Euro. Somit war der Anstieg höher als in den zwölf Jahren davor – von 2007 bis 2019, als die Finanzkrise zu bewältigen war.
Durch die krisenbedingt hohen Defizite des Bundes waren ab dem Jahr 2020 sowohl das Volumen der jährlich aufgenommenen Finanzschulden als auch der Anteil, der zur Finanzierung des Defizits herangezogen wurde, deutlich höher als in den Jahren davor. 35 Prozent der Schuldaufnahmen waren im Durchschnitt erforderlich, um die Defizite der Jahre 2020 bis 2022 abzudecken. Im Zeitraum 2012 bis 2019 betrug dieser Anteil durchschnittlich 12,7 Prozent. Der darüber hinausgehende Anteil wurde zur Tilgung auslaufender Finanzschulden aufgewendet.
Gesamtstaatliche Entwicklung der Schulden
Prognosen gehen davon aus, dass sich der öffentliche Schuldenstand gemessen an der Wirtschaftsleistung in den kommenden Jahren verringern wird. Da das nominelle BIP aufgrund der Teuerung stark anstieg, sank die Schuldenquote im Jahr 2022 zwar auf 78,4 Prozent des BIP, stieg aber in absoluten Zahlen um 16,424 Milliarden Euro auf 350,770 Milliarden Euro. Für das Jahr 2026 prognostizierte das Finanzministerium einen Wert von 71,4 Prozent des BIP. Damit liegt die Schuldenquote auch weiterhin deutlich vom Maastricht-Ziel von 60 Prozent des BIP entfernt. Langfristig wird sich die Schuldenquote durch steigende Ausgaben für Pensionen, Gesundheit, Pflege sowie erforderliche Klimamaßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen erhöhen.
Zinsausgaben steigen stetig
Das geänderte Zinsumfeld lässt die Ausgaben für den Schuldendienst anwachsen. Daraus ergeben sich höhere Zinsverpflichtungen. Dementsprechend besteht ein hohes Risiko für zukünftige Budgets, weil das Ende 2021 auf historischem Tiefstand befindliche Zinsniveau im Laufe des Jahres 2022 deutlich anstieg. Zudem ist ein Ende der Leitzinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank aufgrund der nach wie vor hohen Inflation noch nicht absehbar. Beträchtlich steigt der Anteil der Zinsausgaben des Staates. Von 0,9 Prozent des BIP im Jahr 2022 werden die Zinsausgaben laut Prognose des Finanzministeriums auf 1,6 Prozent des BIP im Jahr 2026 steigen.
In diesem Zusammenhang weist der Rechnungshof auf seinen mittelfristigen Prüfungsschwerpunkt hin: „Next Generation Austria. Überlassen wir der nächsten Generation mehr als Schulden? Zur zukünftigen Rolle des Staates für die nächste Generation.“ Aus Sicht des Rechnungshofes wären Strukturreformen voranzutreiben und fiskalische Spielräume zu schaffen, um einen nachhaltigen Budgetpfad zu erreichen. Weiters wäre es dringend erforderlich, in den Finanzausgleichsverhandlungen durch gebietskörperschaftsübergreifende Ziele einen österreichweiten Reformkonsens herzustellen, insbesondere in den Bereichen Pflege und Gesundheit.
Nettoergebnis weiterhin stark negativ bei minus 12,744 Milliarden Euro
Der Bundeshaushalt verzeichnete mit minus 12,744 Milliarden Euro im Jahr 2022 zum dritten Mal in Folge ein hohes negatives Nettoergebnis. Obwohl um 6,901 Milliarden Euro besser als im Jahr davor, war das Nettoergebnis immer noch weit unter dem Vorkrisenniveau. 2019 wurde mit 819,08 Millionen Euro noch ein Überschuss verzeichnet.
Die Erträge stiegen gegenüber dem Vorjahr um 7,948 Milliarden Euro an. Dies war auf höhere Abgabenerträge zurückzuführen, vor allem aufgrund der hohen Inflation und der guten Wirtschaftsentwicklung.
Die Aufwendungen waren um 1,047 Milliarden Euro höher als im Vorjahr. Zur Erhöhung trugen der Klimabonus, die Abgeltungen an die Verkehrsverbünde für das Klimaticket Österreich, die Kostenersätze für die Durchführung von COVID- 19-Tests, die Abgeltungen an die Energieversorgungsunternehmen für den Energiekostenausgleich sowie die Aufwendungen für Maßnahmen aus dem nationalen Aufbau- und Resilienzplan bei.
Das Vermögen des Bundes lag 2022 bei 121,854 Milliarden Euro und war damit um 4,193 Milliarden Euro höher als im Vorjahr. Der Anstieg war unter anderem auf die Anschaffung einer strategischen Gasreserve zurückzuführen.
Anti-Teuerungsmaßnahmen sollen treffsicherer werden
Im Jahr 2022 prägten die Entlastungsmaßnahmen zur Abfederung der Preissteigerungen den Bundeshaushalt. Dafür wurden 4,534 Milliarden Euro ausbezahlt. Die Erhöhung des Klimabonus zusammen mit dem Anti-Teuerungsbonus in Höhe von 2,734 Milliarden Euro beanspruchte den größten Anteil der Unterstützungsleistungen, nämlich 60,5 Prozent. Die Entlastungsmaßnahmen zur Inflationsbekämpfung werden für die Jahre 2022 bis 2026 mit 32,330 Milliarden Euro zu Buche schlagen, so die Schätzung des Finanzministeriums. Der Rechnungshof weist aufgrund dieser hohen Budgetbelastung darauf hin, dass die breit angelegten Teuerungs-Entlastungsmaßnahmen sowie die temporären Unterstützungsleistungen auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen wären. Sicherzustellen wäre, dass im Sinne einer nachhaltigen Budgetpolitik die Maßnahmen bedarfsgerecht, zielgerichtet und treffsicher sind.
Abbaustrategie für Fremdwährungsportfolio festlegen
Die Rückstellung für das Fremdwährungsrisiko aufgrund eines Schweizer-Franken- Portfolios konnte vom Rechnungshof nicht plausibilisiert werden. Das Finanzministerium stellte dem Rechnungshof keine Unterlagen zur Verfügung, um die bei der Rückstellungsbildung unterlegten Annahmen nachvollziehbar zu machen, wie zum Beispiel eine Abbaustrategie für das Fremdwährungsportfolio. Das Kursrisiko des Bundes bei einem Ausstieg aus der Fremdwährung betrug zum Zeitpunkt der Prüfung 5,852 Milliarden Euro. Der Rechnungshof empfiehlt, eine detaillierte Abbaustrategie des Fremdwährungsportfolios festzulegen.
Presseinformation zum Bundesrechnungsabschluss 2022
In einer interaktiven Grafik, die unter rechnungshof.gv.at/bra2022 verfügbar ist, bietet der Rechnungshof eine Übersicht zu Vermögen und Fremdmitteln des Bundes.
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Bundeshaushalt 2022 im Überblick
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