ÖBB und Post hätten bei Immo-Deals durch öffentliche Interessentensuche höhere Erlöse erzielen können
Die Post AG und vor allem die ÖBB-Immobilien GmbH hätten durch Verkäufe ihrer Liegenschaften deutlich höhere Preise erzielen können – wenn sie beim überwiegenden Teil der Immobilienverkäufe ein wettbewerbliches, transparentes, diskriminierungs- und bedingungsfreies Bietverfahren sichergestellt hätten. Zu diesem Schluss kommt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Compliance – Korruptionsprävention bei Immobilientransaktionen: ÖBB-Immobilienmanagement GmbH und Österreichische Post AG“. Bei Verkäufen mit öffentlicher Interessentensuche, wie etwa für den Hauptbahnhof Wien, war der Ablauf des Verkaufsverfahrens im Vorhinein nicht hinreichend festgelegt, kritisieren die Prüferinnen und Prüfer. Durch Direktverkäufe, etwa des Nordbahnhofgeländes in Wien, verzichtete die ÖBB-Immobilien GmbH auf bessere Erlöse. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2020.
Von 2017 bis 2020 verkaufte die ÖBB-Immobilien GmbH 540 Immobilien um 355,05 Millionen Euro, die Post AG 46 Immobilien um 52,19 Millionen Euro. Der Verkaufsprozess der ÖBB-Immobilien GmbH sieht zwar als Regelverfahren die öffentliche Interessentensuche vor. Allerdings hielt sich die ÖBB-Immobilien GmbH nicht durchgehend an diese Prozessvorgabe. Es fehlte beispielsweise die interne Freigabe dafür, dass nicht öffentlich nach Interessenten gesucht wurde. Der Prozess der Post AG sah keine verpflichtende öffentliche Interessentensuche vor.
Erhebliches Erlöspotenzial wurde nicht gehoben
Die Analyse des Rechnungshofes zeigt bei den erzielten Erlösen erhebliche Unterschiede zwischen den Direktverkäufen und den Verkäufen mit vorangegangener öffentlicher Interessentensuche. Insbesondere bei der ÖBB-Immobilien GmbH war das der Fall. Dort lagen die Mehrerlöse nach öffentlichen Interessentensuchen gegenüber dem Gutachtenswert bei durchschnittlich 64 Prozent, bei Direktverkäufen hingegen bei durchschnittlich nur 2,51 Prozent. Als weitere Tendenz zeigte sich bei der ÖBB-Immobilien GmbH, dass bei mehr als einem Interessenten oder bei mehr als einer Bieterrunde auch höhere Preise erzielt wurden.
Der Rechnungshof analysierte 309 Verkäufe bei der ÖBB-Immobilien GmbH und 21 Verkäufe bei der Post AG hinsichtlich des Überschreitens der Kaufpreise über die Gutachtenswerte. Der Rechnungshof kritisiert: Rund die Hälfte der 309 Verkäufe der ÖBB-Immobilien GmbH und rund ein Viertel der 21 Verkäufe der Post AG wurden direkt durchgeführt. Damit ließen die beiden Infrastrukturunternehmen erhebliches Erlöspotenzial liegen. Die Verkehrswertgutachten verfehlten das am Markt erzielbare Potenzial deutlich. Die erzielten Preise bei öffentlicher Interessentensuche sind ein Beleg dafür.
Der Rechnungshof überprüfte nach risikoorientierten Gesichtspunkten 34 Verkäufe der ÖBB-Immobilien GmbH und drei Verkäufe der Post AG näher.
ÖBB-Immobilien GmbH nutzte Wettbewerb nicht ausreichend
Beim Verkauf von acht Bauplätzen am Hauptbahnhof Wien erzielte die ÖBB- Immobilien GmbH in Summe 65,55 Millionen Euro. Sie hielt den Ablauf des Verkaufsverfahrens aber nicht hinreichend im Vorhinein fest und sie ließ unter anderem die Bieter darüber im Unklaren, wie viele Runden im öffentlichen Verkaufsverfahren vorgesehen waren. Damit gab die ÖBB-Immobilien GmbH ihnen nicht ausreichend die Möglichkeit, das Höchstgebot zu legen. Die Angebote von bis zu elf Bietern lagen teilweise nah beieinander. Der Rechnungshof kommt zum Schluss, dass höhere Preise erzielbar gewesen wären. Er empfiehlt, den Ablauf des Bietverfahrens im Vorhinein eindeutig festzulegen und transparent zu kommunizieren.
Beim Verkauf des „Landguts“, einer Liegenschaft in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofes, verzichtete die ÖBB-Immobilien GmbH auf eine öffentliche Interessentensuche und verkaufte es direkt. Der Verkaufspreis von 15 Millionen Euro entsprach zwar den zwei eingeholten Gutachten. Aber durch den Direktverkauf war die Chance vertan, einen Erlös zu erzielen, der unter Wettbewerbsbedingungen möglich gewesen wäre. Es zeigte sich: Bei einem öffentlichen Verkauf nahegelegener Liegenschaften konnten demgegenüber die geschätzten Mindestkaufpreise auf das Dreifache gesteigert werden.
Auch den Verkauf der Flächen am Nordbahnhof kritisiert der Rechnungshof. Diese verkaufte die ÖBB-Immobilien GmbH um 162,70 Millionen Euro ohne vorangegangene öffentliche Interessentensuche direkt an eine Bietergemeinschaft. Abgesehen von der vergebenen Möglichkeit, einen höheren Preis zu erzielen, widersprach dieses Vorgehen auch den Prozessvorgaben der ÖBB-Immobilien GmbH mit der öffentlichen Interessentensuche als Regelverfahren.
Post AG bot Luxuswohnungen zu Fixpreisen an
Auch beim Verkauf von Luxuswohnungen der Post AG war nicht sichergestellt, dass der höchstmögliche Preis erzielt wurde. Die Vorgeschichte: Die Post AG gründete 2014 eine Projektentwicklungsgesellschaft, um in ihrem historischen Immobilienbestand in der Neutorgasse in Wien Wohnungen im Premiumsegment zu errichten. Der Gesamtkaufpreis für insgesamt 25 Wohnungen betrug 43,74 Millionen Euro. Die Post AG veräußerte die Wohnungen zu Fixpreisen. Es hätte allerdings Spielraum für höhere Preise bestanden. Das zeigt der Verkauf einer Wohnung, für die ein höherer Preis als der Katalogfixpreis erzielt wurde.
Beim Projekt Neutorgasse kritisiert der Rechnungshof zudem, dass die Post AG keine Informationen zu den wirtschaftlichen Eigentümern der Kaufgesellschaften hatte. Im Sinne der Business-Partner-Compliance ist dies im Immobilienbereich auch zur Einhaltung der Geldwäschebestimmungen wesentlich. Eine Wohnung mit einem Verkaufswert von rund vier Millionen Euro wurde an ein Unternehmen verkauft, das in der Offshore Leaks Database aufscheint, einer Datenbank des Internationalen Konsortiums von Investigativjournalisten (ICIJ) über Firmen in sogenannten Steuerparadiesen.
Mängel in der Umsetzung des Compliance-Regelwerks
Sowohl bei der ÖBB-Immobilien GmbH als auch bei der Post AG waren wesentliche Elemente eines Compliance-Management-Systems – das Maßnahmen zur Korruptionsprävention enthält – vorgesehen und die Abläufe bei Immobilienverkäufen in Prozessbeschreibungen geregelt. Bei beiden Unternehmen stellt der Rechnungshof eine grundsätzlich positive Compliance-Kultur fest. In der Umsetzung von Immobilientransaktionen zeigten sich allerdings Mängel. Auf alle Fälle wären bei Immobilientransaktionen auf Grundlage risikobasierter Kriterien Anlassfälle zu definieren, bei denen die Compliance-Stelle zu befassen ist.
- pdf Datei:
- 2,456.0 KB
- Umfang:
- 94 Seiten
Bericht: Compliance – Korruptionsprävention bei Immobilientransaktionen: ÖBB-Immobilienmanagement GmbH und Österreichische Post AG
Der Rechnungshof überprüfte die Compliance bzw. Korruptionsprävention bei Immobilientransaktionen der ÖBB-Immobilienmanagement Gesellschaft mbH und der Österreichischen Post Aktiengesellschaft. Prüfungsziele waren die Beurteilung der Maßnahmen zur Korruptionsprävention im Rahmen des allgemeinen konzeptionellen Compliance-Management-Systems und die Beurteilung der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen. Bei den Verkäufen prüfte er sowohl die Verkaufsvorbereitung als auch den anschließenden Verkaufsprozess. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2020, sofern prüfungsrelevant auch frühere und aktuellere Sachverhalte.