Personalmangel große Hürde bei Reform im Bereich Finanzstrafsachen

22. September 2023 – IT-gestützte Verteilung der Arbeit nicht umgesetzt

Mit der Reform der Finanzstrafbehörden bündelte das Finanzministerium ab dem Jahr 2021 die finanzstrafrechtlichen Angelegenheiten im Amt für Betrugsbekämpfung. Damit wurden die Voraussetzungen geschaffen, die Organisation zu straffen. Jedoch blieb der über Jahre entstandene Personalmangel bestehen, stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Finanzstrafsachen in der Steuerverwaltung“ fest. Dadurch besteht das Risiko, dass die erforderliche Qualität nicht aufrechterhalten werden kann. Von 236 Planstellen waren Anfang März 2022 nur umgerechnet 195 Vollzeitstellen besetzt. Ein Kernstück der Reform war eine IT-gestützte Verteilung der Arbeit, wodurch eingehende Verdachtsmeldungen gleichmäßig verteilt und so für eine ausgewogene Arbeitsbelastung der Teams gesorgt werden sollte. So sollten Finanzstrafverfahren beschleunigt werden. Mehr als ein Jahr nach Einrichtung des Amts für Betrugsbekämpfung war die IT-unterstützte Arbeitsverteilung jedoch noch nicht umgesetzt. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2017 bis 2021.

Prekäre Personalsituation

Bis 31. Dezember 2020 waren grundsätzlich die Finanzämter für den Vollzug des Finanzstrafgesetzes im Bereich der Steuerverwaltung zuständig. Ab 1. Jänner 2021 übernahm das Amt für Betrugsbekämpfung diese Agenden. Mit einem eigenen Bereich Finanzstrafsachen wurde es als österreichweit zuständige Finanzstrafbehörde eingerichtet. Der Rechnungshof begrüßt, dass die Straffung der Organisation erreicht wurde und Einheiten zur Betrugsbekämpfung, die bisher unabhängig voneinander agierten, im neuen Amt direkt zusammenarbeiten können. Das Finanzministerium unternahm allerdings über Jahre zu wenig, um laufende Personalabgänge im Finanzstrafbereich nachzubesetzen. Die Interne Revision des Ministeriums hatte bereits in den Jahren 2010 und 2016 auf die prekäre Personalsituation im Finanzstrafbereich hingewiesen.

Der Personalmangel wirkte sich unter anderem so aus, dass im Fachbereich Finanzstrafsachen das angestrebte Aufgabenspektrum bereits im ersten Jahr seines Bestehens nicht erfüllt werden konnte. Dieser wurde unter anderem für komplexe Finanzstrafsachen eingerichtet und ist bundesweit tätig. So waren etwa Ende 2021 statt der vorgesehenen umgerechnet rund 32 Vollzeitstellen nur rund 21 besetzt. Allein aufgrund bevorstehender Ruhestände ist eine weitere signifikante Personalreduktion zu erwarten. Im gesamten Bereich Finanzstrafsachen waren 236 Planstellen genehmigt. Mit 1. März 2022 waren umgerechnet 195 Vollzeitstellen besetzt. Die Empfehlung des Rechnungshofes: Das Personal soll im Ausmaß der genehmigten Planstellen aufgestockt werden.

Besonderer Handlungsbedarf ist dabei bei den Teams in Wien. Denn auf sie entfielen im Jahr 2021 32 Prozent aller offenen verwaltungsbehördlichen Verfahren. Sie hatten zudem nur rund die Hälfte ihrer Vollzeitstellen besetzt.

Offene Finanzstrafverfahren und Rückstände bei Geldstrafen

Die offenen Verfahren stiegen im Jahr 2021 nach einem zwischenzeitlichen Rückgang wieder auf das Niveau von 2017, nämlich auf 2.739. Im Jahr 2021 waren nahezu nur halb so viele Finanzstrafverfahren abgeschlossen wie in den Vorjahren. 2017 waren 6.740 Verfahren abgeschlossen, im Jahr 2021 waren es 3.713. Diese Entwicklung stand in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Im Zuge dessen kam es zu einem Rückgang der Prüftätigkeit der Ämter. Durch den Rückgang konnte zwar der Arbeitsanfall bewältigt werden. Erreicht aber die Prüftätigkeit der Außenprüfungen wieder den Umfang der Jahre vor der Pandemie, wird mit dem vorhandenen Personal der Arbeitsaufwand nicht bewältigbar sein. Eine Erhöhung der Rückstände und Qualitätseinbußen sind möglich. Ende 2021 waren Finanzstrafverfahren durchschnittlich 1,1 Jahre offen. Die Vorschreibungen von verhängten Geldstrafen in diesem Jahr betrugen 10,16 Millionen Euro, der Rückstand aus den bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahren lag bei 24,30 Millionen Euro.

IT-Verfahren noch mangelhaft

Die Arbeitsbelastung der Teams Finanzstrafsachen ist quantitativ und qualitativ unterschiedlich. Besonders in den Ballungsräumen gibt es eine große Anzahl komplexer Fälle und Fälle mit Gerichtszuständigkeit. Kernstück der Reform war eine IT-gestützte Verteilung der Arbeit, wodurch eine ausgewogene Arbeitsbelastung der Teams erreicht werden sollte. Sie wurde jedoch nicht umgesetzt.

Das eingesetzte IT-Verfahren wies unter anderem folgende Mängel auf: Auswertungen der Daten waren zur Zeit der Prüfung nur eingeschränkt, Datenexporte in Excel gar nicht möglich, was die Steuerung und Planung, etwa im Bereich Finanzstrafsachen erschwerte.

Gesetzliche Grundlagen müssen zeitgemäß sein

Nicht immer führen finanzstrafrechtliche Ermittlungen dazu, dass die Verstöße auch geahndet werden können. Der Grund: Die gesetzlichen Grundlagen reichen nicht aus, beziehungsweise es werden Schlupflöcher genutzt. Es gibt laufend neue Betrugsmuster, für die es noch keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen gibt, beispielsweise Scheinunternehmen und Sozialbetrug. Der Rechnungshof empfiehlt, gesetzlich erforderliche Anpassungen voranzutreiben.


Presseinformation: Finanzstrafsachen in der Steuerverwaltung


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114 Seiten

Bericht: Finanzstrafsachen in der Steuerverwaltung

Der Rechnungshof überprüfte von Oktober 2021 bis Juni 2022 mit Unterbrechungen die Finanzstrafsachen in der Steuerverwaltung. Die Gebarungsüberprüfung bezog das Bundesministerium für Finanzen, den Bereich Finanzstrafsachen im Amt für Betrugsbekämpfung, das Finanzamt Österreich, das Finanzamt für Großbetriebe, den Prüfdienst für Lohnabgaben und Beiträge sowie die Zentralen Services ein. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2017 bis 2021.

Prüfungsziel war insbesondere die Beurteilung
• der Eingliederung der Strafsachenstellen der ehemaligen Finanzämter in das neu errichtete „Amt für Betrugsbekämpfung“ als Finanzstrafbehörde im Rahmen der Umstrukturierung der Finanzverwaltung mit 1. Jänner 2021,
• der Organisation, der Abläufe und der Schnittstellen des Bereichs Finanzstrafsachen,
• der Steuerung und Kennzahlen,
• der Personalressourcen und IT-Ausstattung sowie
• des Internen Kontrollsystems und des Risikomanagements.

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