Reformbedarf beim Haushaltsrecht

5. Juli 2023 – Rechnungshof lud zu Veranstaltung im Hohen Haus – Thema waren die öffentlichen Finanzen und das Regelwerk zur Haushaltsführung des Bundes

Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker und Finanzminister Magnus Brunner - Copyright: Foto: Manuel Brenner

Unter dem Motto „Reformbedarf im Haushaltsrecht – Transparenz und Lage der öffentlichen Finanzen“ lud der Rechnungshof gestern, Dienstag, ins Hohe Haus. Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker eröffnete das hochkarätig besetzte Podium im Sitzungslokal Erwin Schrödinger Lokal 1: "Ein sorgsamer Staat muss die Maxime haben, jeden Euro zielgerichtet und bedarfsgerecht einzusetzen. Es geht darum, den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern die Gewissheit eines verantwortungsvollen Umgangs zu geben. Das stärkt das Vertrauen in den Staat.“

Geladen waren rund 100 Gäste, unter ihnen die Budgetsprecherinnen und -sprecher, die Sprecherinnen und Sprecher des Rechnungshofausschusses sowie weitere Expertinnen und Experten aus den Bereichen Budget und Finanzen.

Zwischenbilanz nach zehn Jahren Bundeshaushaltsrecht

Vor zehn Jahren, am 1. Jänner 2013, trat die Haushaltsrechtsreform in Kraft. Die wesentlichen Verbesserungen betrafen eine neue Budgetstruktur und ein neues Berichtswesen zur Erhöhung der Transparenz, die Integration von Wirkungen und Leistungen in das Budget sowie ein integriertes, doppisches Rechnungswesen mit einer Finanzierungs-, Ergebnis- und Vermögensrechnung. Die Einjährigkeit in der Budgetplanung war von einer mehrjährigen, verbindlichen Planung abgelöst worden. Die Haushaltsrechtsreform war demnach nicht nur als bloße Reform des Rechnungswesens in Österreich gedacht und konzipiert, sondern sie sollte einen „Kulturwandel“ in der gesamten Bundesverwaltung und auch in der Politik bewirken.

Der Rechnungshof hat in den vergangenen zehn Jahren Erfahrungen mit dem „neuen“ Haushaltsrecht gesammelt. Er hat eine besondere Rolle bei der Transparenz und Prüfung der öffentlichen Finanzen. So erstellt er etwa den Bundesrechnungsabschluss und legt ihn bis zum 30. Juni eines jeden Jahres dem Nationalrat vor, wie es seine verfassungsmäßige Aufgabe ist.

Podium von links nach rechts: Angelika Pasterniak, Helga Kraus, Präsidentin Margit Kraker, Magnus Brunner - Copyright: Foto: Manuel Brenner

Dass es – basierend auf den Erfahrungen der letzten zehn Jahre – weiteren Reformbedarf gibt, darin waren sich die Vortragenden einig – neben Präsidentin Kraker Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), Helmut Berger, Leiter des Budgetdienstes in der Parlamentsdirektion, Helga Kraus, Sektionschefin im Rechnungshof sowie Angelika Pasterniak, Leiterin der Abteilung Bundeshaushalt des Rechnungshofes. Konkret wurde etwa die Frage diskutiert, ob die Möglichkeit, Rücklagen mit nicht ausgenutzten Mitteln zu bilden, tatsächlich das „Dezemberfieber“ nachhaltig reduzieren konnte. Damit ist das erhöhte Aufkommen an Ausgaben im Dezember gemeint, um das Jahresbudget noch aufzubrauchen. Außerdem wurde diskutiert, ob das angestrebte „Gender Budgeting“, also die Gleichstellung von Frauen und Männern bei den Ausgaben der öffentlichen Finanzen, tatsächlich erreicht wurde.  Auch wurde die Relevanz der Mittelfristplanung erörtert.

„Für die Zukunft gewappnet sein“

Gabriel Felbermayr (links) und Helmut Berger - Copyright: Foto: Manuel Brenner

Ökonom Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, berichtete umfassend über die makroökonomischen Entwicklungen und langfristigen Wirtschaftsprognosen. In Hinblick darauf sagte er: „Die Zukunft ist extrem unsicher. Umso mehr müssen heute Vorkehrungen getroffen werden, um für die Zukunft gewappnet zu sein.“

Finanzminister Brunner sagte: „Weitere Reformen sind erforderlich. Nach zehn Jahren sollte man sich dringend damit beschäftigen“. Erkenntnisse aus den letzten Krisen seien in den nächsten Reformschritten zu verarbeiten, so Brunner.

Helga Kraus und Angelika Pasterniak hielten in ihrem Vortrag zum Bundesrechnungsabschluss 2022 fest, dass das stetige Wachstum der Haushaltsrücklagen einem zu großzügigen Rücklagensystem geschuldet sei. Zudem müsse man sich mit neuen Bilanzierungsthemen, etwa der Abbildung des Nutzens von Digitalisierungsaufwendungen, beschäftigen und der Verrechnung neuer Sachverhalte mehr Bedeutung beimessen.

Helmut Berger wies auf die wichtige Rolle des Nationalrates im Budgetprozess hin. Derzeit herrsche „zu hohe Flexibilität im Budgetvollzug, die die Budgethoheit des Nationalrates beeinträchtigt“, so Berger.

„Verantwortungsdreieck“ aus Finanzministerium, Parlament und Rechnungshof

Margit Kraker hob in ihrem Abschluss-Statement das aus dem Finanzministerium, dem Parlament und dem Rechnungshof bestehende "Verantwortungsdreieck" im Haushaltsrecht hervor: das Finanzministerium legt den Entwurf für das Budget vor, das Parlament beschließt das Bundesfinanzgesetz und der Rechnungshof prüft die Abschlussrechnungen des Bundes. Das Zusammenwirken dieser drei maßgeblichen Akteure ist im Bundeshaushaltsgesetz geregelt. Dieses im Lichte der zehnjährigen Erfahrung weiterzuentwickeln müsse im Interesse aller am Budgetprozess beteiligten Stellen sein, so die Rechnungshof-Präsidentin.