Klimaneutralität: Straßenbahnausbau sinnvoll, aber zusätzliche Maßnahmen notwendig

24. März 2023 – Städte sollten ergänzende Initiativen unterstützen, wie etwa City-Maut-Systeme, Tempobeschränkungen oder temporäre Fahrverbote

Die Landeshauptstädte Graz, Innsbruck und Linz bauten in den vergangenen Jahren ihre Straßenbahnnetze aus. Damit stehen den Bürgerinnen und Bürgern moderne Verkehrsmittel zur Verfügung. Der Mobilitätsmasterplan 2030 der Bundesregierung sieht vor, dass der Sektor Verkehr bis 2040 klimaneutral wird. Die Projekte in den drei Städten konnten einen wichtigen Beitrag dazu leisten, stellen die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes im heute veröffentlichten Bericht „Straßenbahnprojekte Graz, Innsbruck, Linz“ fest.

Allerdings braucht es noch weitere Maßnahmen, um die Klimaziele bis 2040 zu erreichen. Der Rechnungshof empfiehlt dem Klimaschutzministerium, den Ländern Oberösterreich, Steiermark und Tirol sowie den Städten Graz, Innsbruck und Linz, neben Angebotsverbesserungen im öffentlichen Verkehr und der Bereitstellung attraktiver öffentlicher Mobilitätsangebote und -dienstleistungen auch Push-Maßnahmen (zum Beispiel Tempobeschränkungen, partielle oder temporäre Fahrverbote, City-Maut-Systeme, Begegnungszonen, Fußgängerzonen) zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs zu setzen, um die Wirkungen angebotsseitiger Maßnahmen (Pull-Maßnahmen) zu unterstützen. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2016 bis 2021.

In Graz wurden mit den Reininghausgründen und der Smart City zwei Stadterweiterungsgebiete im Westen der Stadt erschlossen und an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Dafür wurden die Linien 4 und 6 verlängert. In Innsbruck wurden die Pläne umgesetzt, die Linien 2 und 5 innerhalb des Stadtgebiets zu verlängern sowie ab der Stadtgrenze an die S-Bahnhöfe Rum und Völs anzuschließen. In Linz wurden die Linien 3 und 4 nach Traun verlängert, um die Stadt besser mit den angrenzenden Regionen verbinden zu können.

Der Rechnungshof würdigt, dass bereits in der Planungsphase der Projekte zukunftsbezogene Parameter bedacht wurden. Das sind etwa die Dichte der Verbauung in den Stadtentwicklungsgebieten, Erschließen stadtnaher Regionen sowie Elemente, die den Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver machen. Der Rechnungshof hebt auch hervor, dass die Fahrgastzahlen in Innsbruck und Linz auf den Strecken, die zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung bereits in Betrieb waren, die Prognosen übertroffen hatten. In Graz wertet es der Rechnungshof positiv, dass die verkehrspolitischen Ziele der Stadt – 24 Prozent aller Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen – in den Stadtentwicklungsgebieten höher angesetzt waren: 30 Prozent in Reininghaus und 33 Prozent in der Smart City.

Bund, Länder, Gemeinden und Städte sollen Klimapartnerschaften forcieren


Von allen drei Städten ist der motorisierte Individualverkehr mit 85 Prozent in Graz am höchsten, gefolgt von Linz mit rund 72 Prozent und Innsbruck mit rund 63 Prozent. Zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2040 enthielt der Mobilitätsmasterplan 2030 zwar einen bundesweiten Zielpfad für den Sektor Verkehr. Es fehlten jedoch auf Länder, Regionen und Städte heruntergebrochene Zielsetzungen und Maßnahmen. Damit konnten weder der notwendige Straßenbahnausbau noch die damit verbundenen Kosten quantifiziert werden. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil Straßenbahnprojekte von der Planung bis zur Inbetriebnahme zumindest zehn Jahre dauern.

Um die Klimaziele und regionale Mobilitätserfordernisse zu erreichen, sind höhere Investitionen in den öffentlichen Verkehr notwendig. Dafür stehen, abhängig davon, ob Straßenbahn- oder regionale Bahnnetze ausgebaut werden sollen, auch Bundesmittel zur Verfügung. So sollen laut Mobilitätsmasterplan 2030 Länder, Gemeinden und Städte Klimapartnerschaften mit dem Klimaschutzministerium vereinbaren und gemeinsame Finanzierungsmodelle entwickeln. Eine solche Klimapartnerschaft samt Finanzierungspaket einzugehen, empfiehlt der Rechnungshof dem Ministerium, den Ländern Oberösterreich, Steiermark und Tirol sowie den Städten Graz, Innsbruck und Linz. Der Fokus soll auf jenen Schieneninfrastrukturprojekten liegen, die die Stadt mit dem Umland verbinden beziehungsweise den innerstädtischen öffentlichen Verkehr attraktiver machen. Dabei sollten nachvollziehbare und objektive Kriterien angewendet werden.

Mehr Wettbewerb bei Beschaffung notwendig


Die vorläufigen Kosten für die Verlängerung der Linien 4 und 6 in Graz beliefen sich auf 72,30 Millionen Euro, wobei die Kosten im Mai 2021 für die Linie 4 eingehalten und für die Linie 6 um 5,85 Millionen Euro überschritten wurden. In Innsbruck betrugen die vorläufigen Gesamtkosten für die Erweiterung der Linien 2 und 5, inklusive des Kaufs von 30 Straßenbahnen, 408,81 Millionen Euro – um 16 Prozent mehr als laut Grundsatzbeschluss vorgesehen waren. Die Netzerweiterung der Linien 3 und 4 in Linz kostete 72,20 Millionen Euro. Zur Beschaffung neuer Straßenbahnen in den drei Städten merkt der Rechnungshof an, dass an den Vergabeverfahren wenige Bieter teilnahmen.

Der Rechnungshof empfiehlt der Holding Graz, den Innsbrucker Verkehrsbetrieben und den Linz Linien, bei Vergabeverfahren möglichst viele Hersteller einzuladen, um den Wettbewerb zu stärken und daraus Vorteile zu ziehen. Zudem sollen sich die Holding Graz und die Innsbrucker Verkehrsbetriebe an einem Erzeugerpreisindex für Schienenfahrzeuge orientieren, weil damit die tatsächlichen Preissteigerungen der Hersteller berücksichtigt werden. Linz hatte das in seinen Verträgen vereinbart.

Presseinformation: Straßenbahnprojekte Graz, Innsbruck, Linz


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140 Seiten

Bericht: Straßenbahnprojekte Graz, Innsbruck, Linz

Der Rechnungshof überprüfte ausgewählte Straßenbahnprojekte innerstädtischer Linien in Graz und Innsbruck sowie über die Stadtgrenze hinausgehende Linien in Innsbruck und Linz. Prüfungsziele waren die Darstellung und Beurteilung der Projektgrundlagen, der Kosten und der Finanzierung, der Bedarfsermittlung für Fahrzeugbeschaffungen und der Vergabeverfahren, der Wartung der Straßenbahnen und der Bedienqualität, der aktuellen Planungen zur Netzerweiterung sowie der Klimaschutz- und Luft­güteaspekte des öffentlichen Verkehrs. Aus aktuellem Anlass überprüfte der Rechnungshof er­gänzend die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Verkehrsaufkommen im öffentlichen Verkehr der überprüften Städte. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2016 bis 2021.

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