Rechnungshof prüfte Generalsekretäre
Der Rechnungshof hat die Einrichtung der Generalsekretariate in den Bundesministerien der Bundesregierung Kurz I auf Verlangen von Nationalratsabgeordneten der SPÖ geprüft. Dabei zeigte sich: Aufgaben und Ziele der – ab 2018 weisungsbefugten – Generalsekretärinnen und Generalsekretäre waren nicht klar definiert. Die Konsequenz: Das Risiko von Doppelgleisigkeiten und widersprüchlichen Arbeitsaufträgen durch Kabinette in den Ministerien und durch Generalsekretäre stieg. Auch die finanziellen Konsequenzen prüfte der Rechnungshof: So hatte etwa die Einrichtung der Generalsekretärinnen und Generalsekretäre samt Personal keine Reduktion von Bediensteten in den Kabinetten der Ministerien zur Folge.
Aufgaben der Generalsekretärinnen und Generalsekretäre
Die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung hatte in all ihren zwölf Ministerien Generalsekretariate eingerichtet. Durch eine entsprechende Gesetzesänderung wurden sie mit Vorgesetztenfunktionen und dem Weisungsrecht gegenüber den Sektionsleitungen und nachgeordneten Dienststellen ausgestattet. Prinzipiell besteht seit dem Jahr 2000 in der gesamten Bundesverwaltung die Möglichkeit, Bedienstete mit dieser Funktion zu betrauen. Ursprünglich oblag ihnen allerdings einzig eine koordinierende Tätigkeit.
Die jetzige Bundesregierung installierte wiederum in zwölf von insgesamt 13 Ministerien Generalsekretärinnen und Generalsekretäre.
Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes kritisieren, dass die Ministerien der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung vor Einrichtung ihrer Generalsekretariate keine grundlegende Aufgaben- und Zieldefinition festgelegt hatten. Auch um Doppelgleisigkeiten durch Tätigkeiten in den Kabinetten sowie in den Büros der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre gegenüber den Generalsekretärinnen und Generalsekretären zu vermeiden, wäre eine genaue Abgrenzung und Zuordnung der Aufgaben – etwa in der Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung eines Ministeriums – erforderlich.
Mehrere Funktionen, begrenzte Ressourcen
Im Mai 2019 übten die fünf Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretäre im Sozial-, Bildungs-, Außen-, Verteidigungs- und Nachhaltigkeitsministerium ausschließlich diese Funktion aus. In den übrigen sieben Ministerien gab es Mehrfachverwendungen der Generalsekretäre. Der Rechnungshof weist auf die begrenzten zeitlichen Ressourcen bei der Ausübung mehrerer Funktionen hin. Es besteht das Risiko, dass die Zeit zur vollinhaltlichen Wahrnehmung aller Funktionen nicht ausreicht.
Kabinette blieben gleich groß
Die personelle Ausstattung der Generalsekretariate mit umgerechnet rund 63 Vollzeitkräften hätte eine Reduktion des Personalstands in den Kabinetten der Ministerien und Büros der Staatssekretäre mit sich bringen müssen. Allerdings: Die Zahl der Beschäftigten in den Kabinetten und in den Büros der Staatssekretäre blieb in Summe fast unverändert hoch. Das widerspricht dem Ziel einer sparsamen Verwaltung. Im Zeitraum vom 18. Dezember 2017 bis 31. Mai 2019 betrug der Personalaufwand für Kabinette, Büros der Staatssekretäre und Generalsekretariate 50,64 Millionen Euro.
Betrauung auf Vertrauensbasis
Im Laufe des überprüften Zeitraumes von Mitte Dezember 2017 bis Juni 2019 wurden 15 Personen mit der Funktion Generalsekretär betraut – davon allerdings nur eine Frau. Wie auch Leiterinnen und Leiter von Kabinetten können Generalsekretärinnen und Generalsekretäre ohne vorangegangene Ausschreibung betraut werden. Dies erfolgt ausschließlich aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses zur Ministerin oder zum Minister. Das im öffentlichen Dienst vorgesehene Verfahren zur nachvollziehbaren Feststellung der persönlichen und fachlichen Eignung entfällt.
Bis Ende Jänner 2020 hatten Generalsekretärinnen und Generalsekretäre den Anspruch, in ein auf Lebenszeit angelegtes Beamtendienstverhältnis übernommen zu werden. Von den zwischen Dezember 2017 und Juni 2019 vier neu in den Bundesdienst aufgenommenen Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretären bewirkten zwei ihre Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis.
Besoldung, Belohnung und Überstunden
Auch die Besoldung der Generalsekretärinnen und Generalsekretäre und ihrer Büros hat der Rechnungshof geprüft. Neben dem Fixgehalt auf dem höchstmöglichen Niveau einer Sektionsleitung wurden mitunter Belohnungszahlungen sowie Vergütungen für allfällige Nebentätigkeiten im Bundesdienst bezahlt. Acht Generalsekretäre erhielten während ihrer Funktionsdauer Belohnungen.
Sechs Bedienstete im Büro des Generalsekretärs des Innenministeriums rechneten 2018 durchschnittlich mehr als 40 Stunden an Mehrdienstleistungen im Monat ab. Bei drei dieser Bediensteten betrug die durchschnittliche Überstundenbelastung zwischen 73 Stunden und 124 Stunden im Monat. Die Konsequenz: Überstundenvergütungen von 4.131 bis 5.645 Euro pro Monat.
Der Rechnungshof stellt außerdem fest, dass den Generalsekretären im Innen- und Verteidigungsministerium jeweils ein eigener Dienstkraftwagen mit Fahrer zugewiesen war. Der Rechnungshof empfiehlt, dass sich Generalsekretärinnen und Generalsekretäre bei ihrer beruflichen Tätigkeit aus dem allgemeinen Fahrzeugpool bedienen sollen.
Überdies hält der Rechnungshof fest: Generalsekretärinnen und Generalsekretäre wurden – wie die Prüfung zeigt – von der damaligen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung als oberste interne Verwaltungsspitze mit Weisungsrecht eingerichtet. Die derzeitige Bundesregierung von ÖVP und Grüne hat sich entschieden, weiterhin Generalsekretärinnen und Generalsekretäre vorzusehen. Die Auswahl trifft die jeweilige Ministerin beziehungsweise der jeweilige Minister.
Die Generalsekretärinnen und Generalsekretäre der Bundesministerien haben die Aufgabe, die Verwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit zu stärken. Das bedeutet effiziente Koordination und Steuerung innerhalb der Ministerien selbst. Hinzu käme die Wahrnehmung von wichtigen, ressortübergreifenden Koordinierungsaufgaben zwischen den Ministerien. Klar ist aber auch: Sie dürfen kein politisches Eigenleben entwickeln, denn sie unterstehen naturgemäß der jeweiligen Ministerin beziehungsweise dem jeweiligen Minister. Und diese sind es auch, die die politische Verantwortung tragen. Generalsekretärinnen und Generalsekretäre könnten und sollten daher gerade in Zeiten der Corona-Krise ihre Koordinierungsfunktion auch ressortübergreifend wahrnehmen.
Presseinformation: Generalsekretariate in den Bundesministerien
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Bericht: Generalsekretariate in den Bundesministerien
Der Rechnungshof überprüfte von April bis September 2019 die Generalsekretariate (das sind die Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretäre und deren Büros) in den Bundesministerien. Diese Sonderprüfung gemäß Art. 126b Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz aufgrund eines Verlangens gemäß § 99 Abs. 2 Geschäftsordnungsgesetz 1975 initiierten Abgeordnete des Nationalrats Ende Jänner 2019. Das Prüfungsverlangen bezog sich auf die damalige Bundesregierung, die eineinhalb Jahre von Dezember 2017 bis Juni 2019 im Amt war. Prüfungsziele waren die Darstellung und Beurteilung der organisatorischen sowie dienst- und besoldungsrechtlichen Einrichtung der Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretäre, ihrer Büros, ihrer Schnittstellen innerhalb der jeweiligen Ressorts, ihrer Ziele und Aufgaben sowie der Konferenz der Generalsekretäre.
Der überprüfte Zeitraum umfasste entsprechend dem Prüfungsverlangen die Einrichtung der Generalsekretariate vom 22. Dezember 2017 bis zum Beginn der Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof (per 1. April 2019) und wurde aufgrund des Funktionsendes der über wiegenden Anzahl der Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretäre mit Juni 2019 um den Zeitraum April bis Juni 2019 erweitert.