Doppelgleisigkeiten im Verkehrsverbund Vorarlberg
Vorarlberg hat, nach Wien, die zweitbeste Versorgung mit öffentlichem Verkehr: 97 Prozent der Bevölkerung wohnen in Gebieten mit zumindest einer Basiserschließung und 44 Prozent im Einzugsbereich mit bester Erschließung. 2022 nutzten rund 63 Millionen Fahrgäste den öffentlichen Verkehr im westlichsten Bundesland. Allerdings lag der Anteil des motorisierten Individualverkehrs 2023 bei rund 50 Prozent. Kritisch beurteilt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Verkehrsverbund Vorarlberg“ die zersplitterte Aufgabenwahrnehmung – wie etwa bei der Angebotsplanung und der Bestellung der Busverkehre – im Verkehrsverbund. Diese führt zu Überlappungen und Doppelgleisigkeiten zwischen der Verkehrsverbund Vorarlberg Gesellschaft mbH (VVV GmbH) sowie den Gemeindeverbänden und Gemeinden. Die Folgen davon sind ein hoher Abstimmungsaufwand, zahlreiche Schnittstellen und damit ein erhöhter Ressourcenaufwand. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes hoben Bestrebungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit positiv hervor. Zudem gibt es Projekte der VVV GmbH, die CO2 reduzieren sollen. Der Prüfungszeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2022.
Landesförderungen setzten keine Anreize zur Angebotsoptimierung
Der öffentliche Verkehr in Vorarlberg finanziert sich aus Mitteln des Bundes, des Landes, der Gemeinden und den Ticketerlösen. 2022 betrug der Finanzierungsbedarf dafür 146,82 Millionen Euro. Das Land fördert Gemeinden für den Ausbau und die Verbesserung ihres Regionalverkehrs. Jedoch orientierten sich diese Förderungen an der Finanzkraft der Gemeinden und setzten keine Anreize zur Weiterentwicklung und Kostenoptimierung des öffentlichen Verkehrs. Für Förderungen wären leistungsorientierte Kriterien wie zum Beispiel Angebotsverbesserungen einzubeziehen.
Zersplitterte Aufgabenwahrnehmung im Verkehrsverbund Vorarlberg
Zahlreiche Akteure organisieren und stellen den öffentlichen Verkehr in Vorarlberg bereit: der Bund (vertreten durch das Klimaschutzministerium), das Land, die VVV GmbH sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände. Die Verkehrsstruktur in Vorarlberg benötigt Anschlüsse zwischen den Busverkehren aus den Talschaften, dem städtischen Busverkehr und der Schiene. Das öffentliche Verkehrsangebot der Gemeindeverbände und Gemeinden ist damit nicht unabhängig voneinander planbar und erfordert eine Koordination durch die VVV GmbH.
Diese Zersplitterung im Verkehrsverbund Vorarlberg führte jedoch zu Überlappungen und Doppelgleisigkeiten. Besonders zwischen der VVV GmbH und den Gemeindeverbänden sowie Gemeinden bedarf es daher eines hohen Abstimmungsaufwands, zahlreicher Schnittstellen und damit auch mehr Ressourcen. Zudem vermisst der Rechnungshof einen Gesamtüberblick bei der Bestellung und Abrechnung der Verkehrsleistungen. Um diesem Transparenzdefizit entgegenzuwirken, empfiehlt er, die Rolle der VVV GmbH als zentrale Drehscheibe zu stärken.
Möglicherweise Push-Maßnahmen notwendig, um CO2-Ziele zu erreichen
Das Land Vorarlberg strebt gemäß seinem Mobilitätskonzept aus dem Jahr 2019 eine nachhaltige Verkehrspolitik im Personen- und Güterverkehr an. So soll sich der Weganteil des motorisierten Individualverkehrs bis 2030 auf maximal 45 Prozent reduzieren. 2023 lag dieser Wert mit rund 50 Prozent noch deutlich über dem angepeilten Zielwert. Um die gewünschte CO2-Reduktion zu erreichen, müssen die zurückgelegten Wege im Umweltverbund (öffentlicher Verkehr, Fußgänger- und Fahrradverkehr) auf 55 Prozent in Vorarlberg steigen.
Pull-Maßnahmen wie neue Mobilitätsangebote sollen dazu beitragen, entsprechende Anteile zu erreichen. Sollten mit diesen Angeboten die Ziele nicht erreichbar sein, plante das Land Vorarlberg auch Push-Maßnahmen, beispielsweise die Ausweitung des Parkplatzmanagements. Der Rechnungshof erkennt diese Maßnahmen an.
Barrierefreiheit bereits weit fortgeschritten, aber noch weiter ausbaubar
Während die Barrierefreiheit in den Fahrzeugen im Schienen- und Linienbusverkehr in Vorarlberg bereits weit fortgeschritten ist, besteht bei Bahnstationen und Bushaltestellen noch Nachholbedarf. Betroffene bewerteten den öffentlichen Verkehr in Vorarlberg grundsätzlich als positiv. Jedoch sahen sie auch Verbesserungspotenzial, wie etwa bei Platzengpässen bei den Sondernutzungsflächen, fehlenden Befestigungsschlaufen in Bussen oder auch der Unerreichbarkeit von Türöffnern bei Schienenfahrzeugen mit eingefahrenen Schiebetritten.
Presseinformation: Verkehrsverbund Vorarlberg
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- Umfang:
- 124 Seiten
Bericht: Verkehrsverbund Vorarlberg
Der Rechnungshof überprüfte von Mai bis August 2023 die Gebarung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, des Landes Vorarlberg sowie der Verkehrsverbund Vorarlberg Gesellschaft mbH und beurteilte die Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung bei der Bereitstellung von öffentlichen Personen-Verkehrsdienstleistungen im Verbundgebiet in Vorarlberg. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2018 bis 2022.