Rechnungshof ortet Problemfelder bei Bankenaufsicht durch FMA und OeNB
Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) sind für die Aufsicht über die Banken in Österreich zuständig. Die FMA und die OeNB erfüllen grundsätzlich ihre Aufgaben und entwickeln die Bankenaufsicht laufend weiter. Allerdings bestehen Problemfelder, die Verbesserungen erfordern, stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Bankenaufsicht durch FMA und OeNB“ fest. Darunter fallen etwa zum Teil zu lange Abstände zwischen Vor-Ort-Prüfungen oder auch der eingeschränkte Austausch mit anderen Akteuren, die die Kreditinstitute überwachen. Der Rechnungshof prüfte die gemeinsame Aufsicht der FMA und der OeNB anhand von fünf Kreditinstituten. Zwei von ihnen wurde der Geschäftsbetrieb untersagt. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2021, relevante Entwicklungen der Vorjahre und des Jahres 2022 wurden ebenfalls berücksichtigt.
Der Rechnungshof prüfte, wie die FMA und die OeNB die Aufsicht über die sogenannten weniger bedeutenden Kreditinstitute ausübten. Als „bedeutend“ kann die Europäische Zentralbank (EZB) Kreditinstitute einstufen, die beispielsweise eine Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro aufweisen. Für die Aufsicht über diese – zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung waren es sieben Kreditinstitutsgruppen – ist direkt die EZB zuständig. Zu den „weniger bedeutenden“ zählten im überprüften Zeitraum rund 400 Kreditinstitute, wobei zu diesen auch große und wichtige österreichische Kreditinstitute mit einer Bilanzsumme von mehreren Milliarden Euro zählen. Der Rechnungshof wählte für die Prüfung vor allem Kreditinstitute aus, bei denen – aus Sicht des Rechnungshofes – das Risiko erhöht war, dass negative Entwicklungen eventuell unbemerkt bleiben.
Im Rahmen ihrer unmittelbaren Aufsicht trifft die FMA behördliche Entscheidungen. Zu den behördlichen Entscheidungen zählen etwa die Verhängung der Berichtspflicht oder die Untersagung der Fortführung des Geschäftsbetriebs. Ein großer Teil der dafür notwendigen Informationen stammt aus Erhebungen der OeNB, etwa aus Analysen oder Vor-Ort-Prüfungen. Verhängt die FMA behördliche Maßnahmen, ist sie an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden und darf keine überschießenden Maßnahmen treffen.
FMA informierte die WKStA unvollständig über Whistleblower-Hinweis
Mehrere Empfehlungen macht der Rechnungshof am Beispiel eines Kreditinstituts fest, über das im Jahr 2020 der Konkurs eröffnet wurde. Die Bankenaufsicht führte bei diesem Kreditinstitut (im Bericht: „Kreditinstitut 5“) in den Jahren 2003 bis 2014 keine Vor-Ort-Prüfung durch. Nach Ansicht der Prüferinnen und Prüfer hätte spätestens 2010 eine Prüfung erfolgen sollen.
Während der Vor-Ort-Prüfung der OeNB im Jahr 2015 erhielt die FMA einen Whistleblower-Hinweis, wonach der Vorsitzende des Vorstands dieses Kreditinstituts mit Wissen mehrerer Bediensteter betrügerisch agiere, dem Kreditinstitut finanzielle Mittel für private Zwecke entziehe und dafür falsche Konten nutze. Die OeNB überprüfte die Hinweise. In ihrem Dokument, das sie der FMA übermittelte, hielt die OeNB fest, dass sie den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe nur unvollständig beurteilen konnte. Noch während der Vor-Ort-Prüfung verständigte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA), die ebenfalls einen Whistleblower-Hinweis erhalten hatte, die FMA über eine Verfahrenseinleitung gegen die Geschäftsleitung und einen Prokuristen der Bank. Der WKStA teilte die FMA mit, dass die Vorwürfe gegen das Kreditinstitut nicht bestätigt werden konnten. Die FMA legte allerdings weder das Dokument der OeNB bei, noch wies sie auf die nur begrenzte Prüfung der OeNB hin. Während der Prüfung ersuchte die FMA die WKStA laut einer Telefonnotiz, „derzeit noch Abstand davon zu nehmen, Ermittlungen aufzunehmen“. Wie aus einer Telefonnotiz der WKStA hervorging, teilte die FMA der WKStA später mündlich mit, dass laut OeNB bei diesem Kreditinstitut „kein Verdacht der Untreue besteht“. Der Rechnungshof kritisiert, dass die FMA die WKStA nur unvollständig informiert hatte. Die Empfehlung lautet, Informationen an Ermittlungsbehörden – soweit gesetzlich zulässig – umfassend und vollständig weiterzuleiten. Im Jahr 2022 gingen 53 für die Bankenaufsicht relevante Whistleblower-Hinweise bei der FMA ein.
Malversationen führten zu Entzug der Konzession
Weitere Whistleblower-Hinweise zu diesem Kreditinstitut führten im Jahr 2020 zu einer erneuten Vor-Ort-Prüfung. Die OeNB stellte unter anderem massive Unregelmäßigkeiten fest, die die Geschäftsführung der Bank gemäß einem Prüfbericht der OeNB letztlich bestätigte. Die FMA untersagte dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte. Auf Antrag der FMA wurde der Konkurs über das Vermögen der Bank eröffnet. In weiterer Folge entzog die EZB dem Kreditinstitut die Konzession.
Weitere Kritikpunkte zu diesem Kreditinstitut: Bei den Vor-Ort-Prüfungen dokumentierte die OeNB Mängel mit sehr hohem Risiko. Allerdings enthielt etwa der Prüfbericht im Jahr 2017 keinen Hinweis auf Organgeschäfte und Interessenkonflikte, obwohl ein Mitglied des Aufsichtsrats Eigentümer beziehungsweise Miteigentümer von zwei Unternehmen war, die Kreditnehmer des Kreditinstituts waren.
Verletzung der Sorgfaltspflicht
Bei der Prüfungsgesellschaft, die dieses Kreditinstitut prüfte, lag laut FMA eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Prüfung der Jahresabschlüsse vor. Zwei Personen der Prüfungsgesellschaft wurden „auf Druck der FMA“ von Prüfungen des Kreditinstituts abgezogen, die Prüfgesellschaft aber blieb bis zum Konkurs der Bank deren Bankprüfer. Bankprüfer sind zwar nicht Teil der staatlichen Bankenaufsicht. Ihre Berichte dienen dennoch als wichtige Informationsquelle. Denn sie prüfen die Jahresabschlüsse und versehen sie mit einem Bestätigungsvermerk. Bankprüfer haben der FMA und OeNB unverzüglich zu berichten, wenn etwa das Kreditinstitut gefährdet ist oder Gesetzesverletzungen vorliegen. Der Rechnungshof empfiehlt der FMA und der OeNB, auf die Qualität der Prüfleistungen zu achten, die von den Bankprüfern erbracht werden, und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die Zusammenarbeit mit den Bankprüfern zu stärken.
Reaktion auf Missstände bei weiterem Kreditinstitut
Bei einem weiteren Kreditinstitut (im Bericht: „Kreditinstitut 3“) ergaben die Analysen der OeNB eine zunehmende Verschlechterung der Risikosituation. Vor allem in den Jahren 2020 und 2021 wurde das Monitoring deswegen verstärkt. Die Analysen betrafen etwa den Verdacht auf Gläubigergefährdung. Die FMA leitete für die Bank ein Geschäftsleiter-Qualifikationsverfahren ein: Ein Whistleblower wies die FMA auf vermutete Missstände hin, darunter auf Verstöße eines Mitglieds des Aufsichtsrats gegen „Fit & Proper“-Vorgaben. „Fit & Proper“-Eignung bedeutet, dass Mitglieder der Geschäftsleitung oder des Aufsichtsrats fachlich und persönlich geeignet sind, ihre Aufgaben zu erfüllen. Im weiteren Verlauf bestellte die FMA als Frühinterventionsmaßnahme eine vorläufige Verwalterin und untersagte dem Kreditinstitut im Jahr 2021 die Fortführung des Geschäftsbetriebs. Danach wurde auf Antrag der FMA der Konkurs über das Vermögen des Kreditinstituts eröffnet und schließlich entzog die EZB dem Kreditinstitut die Konzession.
Eingeschränkte Einsicht in relevante Unterlagen
Die FMA und die OeNB gewährten dem Rechnungshof unter Hinweis auf die EZB nicht in alle angeforderten Unterlagen Einsicht. Laut FMA und OeNB muss die EZB diese Unterlagen zur Einsicht freigeben – eine Freigabe lag nicht vor. Die angeforderten Unterlagen betrafen allerdings nicht nur die Banken, die unter Aufsicht der EZB standen, sondern auch die „weniger bedeutenden“ Kreditinstitute, für die FMA und OeNB zuständig waren. Erhält der Rechnungshof keine Einsicht in derartige Unterlagen, könnte das mittelfristig die ordnungsgemäße Durchführung seiner Prüfungen der österreichischen Bankenaufsicht behindern.
Presseinformation: Bankenaufsicht durch FMA und OeNB
- pdf Datei:
- 7,072.0 KB
- Umfang:
- 170 Seiten
Bericht: Bankenaufsicht durch FMA und OeNB
Der Rechnungshof überprüfte die Finanzmarktaufsichtsbehörde, die Oesterreichische Nationalbank und das Bundesministerium für Finanzen hinsichtlich der Ausübung der Bankenaufsicht in Österreich. Prüfungsziele waren die Darstellung und Beurteilung der operativen Prozesse und Maßnahmen der Finanzmarktaufsichtsbehörde und der Oesterreichischen Nationalbank bei der gemeinsamen Ausübung der Aufsicht über die sogenannten „weniger bedeutenden“ Kreditinstitute, da diese in ihrer unmittelbaren Zuständigkeit lagen. Der Fokus lag dabei zum einen auf der Überwachung und Prüfung der beaufsichtigten
Kreditinstitute durch die Bankenaufsicht und deren Kommunikation und Interaktion mit Akteuren, die nicht zur Bankenaufsicht gehören, aber die Kreditinstitute ebenfalls überwachen bzw. prüfen (Aufsichtsräte und Bankprüfer). Zum anderen fokussierte der RH auf wesentliche Elemente der Bankenaufsicht: aufsichtliches
Meldewesen, Bankenanalysen der Finanzmarktaufsichtsbehörde und der Oesterreichischen Nationalbank, Vor-Ort-Prüfungen der Oesterreichischen Nationalbank bei den beaufsichtigten Kreditinstituten und behördliche Maßnahmen der Finanzmarktaufsichtsbehörde. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2018 bis 2021, wobei auch relevante Entwicklungen der Vorjahre und des Jahres 2022 berücksichtigt wurden.