Nationalpark Hohe Tauern: Rechnungshof empfiehlt gemeinsame GmbH von Ländern und Bund
Der Nationalpark Hohe Tauern erstreckt sich über die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol und ist der älteste Nationalpark Österreichs. Die aktuelle Organisationsform des Nationalparks ist historisch gewachsen. Aus heutiger Perspektive hat sie aber strukturelle Schwächen, stellt der Rechnungshof in seinem heute veröffentlichten Bericht „Nationalpark Hohe Tauern“ fest. Die Prüferinnen und Prüfer empfehlen eine Neuorganisation des Nationalparks mit einer einheitlichen Bund-Länder- übergreifenden Struktur und einer einheitlichen Führung. Dies könnte etwa durch die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit den drei Ländern und dem Bund als Miteigentümern erfolgen. Zudem weist der Rechnungshof auf eine zentrale Herausforderung für den Nationalpark hin: die Klimakrise. Vor diesem Hintergrund sind unter anderem geplante Bauvorhaben auf dem Gelände des Nationalparks zu hinterfragen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2017 bis 2021.
Verwaltung sollte vereinfacht werden
Der Nationalpark Hohe Tauern ist mit 1.856 Quadratkilometern der größte Nationalpark im Alpenraum. Ein Großteil der Nationalparkflächen gehört privaten Eigentümerinnen und Eigentümern. Der Nationalpark steht im Spannungsfeld verschiedener Schutz- und Nutzungsinteressen: zum einen sind da der Natur-, Arten- und Landschaftsschutz sowie der Erhalt der typischen Kulturlandschaft, die die bergbäuerliche Bevölkerung geschaffen hatte, zum anderen die touristische Nutzung.
Die Verwaltung und Steuerung des Nationalparks ist komplex: Die Länder Kärnten, Salzburg und Tirol verfügen über jeweils eigene Dienststellen, die Nationalparkverwaltungen. Zusätzlich sind eigene Nationalparkfonds für die Vollziehung auf Ebene der Länder zuständig. Die Fonds haben jeweils ein entscheidungsbefugtes Organ, das Nationalparkkuratorium, und ein Organ beziehungsweise Gremium, das teils eine beratende Funktion hat und teils auch Beschlüsse fasst. Über Bund-Länder-übergreifende Strukturen erfolgt zusätzlich die Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Hinzu kommen weitere Organe, Gremien, Geschäftsstellen und Arbeitsgruppen.
Der Rechnungshof kritisiert, dass diese Strukturen eine effiziente und zielgerichtete Verwaltung und Steuerung des Nationalparks, die auch länderübergreifend abgestimmt ist, erschweren. Daher lautet die Empfehlung, den Nationalpark neu zu organisieren. Dies könnte, nach Vorbild anderer Nationalparks, durch die Gründung einer GmbH mit den drei Ländern und dem Bund als Miteigentümern erfolgen.
Klimakrise als Herausforderung: Bauvorhaben sind zu hinterfragen
Der Alpenraum und damit auch der Nationalpark sind besonders stark von der Klimaerhitzung betroffen: Die Temperatur steigt hier schneller als in anderen Regionen. Die Folgen: Instabiler werdendes Gelände durch abschmelzende Gletscher und auftauende Permafrostböden, zunehmende Wetterextremereignisse, geänderte Lebensräume und klimatische Bedingungen für geschützte Tier- und Pflanzenarten. Wie der Nationalpark mit diesen Entwicklungen umgeht, sieht der Rechnungshof als eine der zentralen Herausforderungen des Nationalparks in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.
Ein konkretes Beispiel für Wetterextremereignisse sind Hochwasser. Davon war der Obere Pinzgau im Salzburger Teil des Nationalparks stark betroffen. Das Hochwasser im Sommer 2021 überschwemmte weite Teile des Talbodens der Salzach und verursachte beträchtliche Infrastrukturschäden, etwa an der Pinzgau-Bahn. Nun ist beabsichtigt, Retentionsräume in den Seitentälern südlich der Salzach zu schaffen. Aber: Die Errichtung der Rückhaltebecken an den vorgesehenen Standorten könnte die Schutzgüter des Nationalparks erheblich beeinträchtigen. Denn rund 22 Prozent des Speichervolumens der geplanten Rückhaltebecken lägen in einer besonders sensiblen Zone des Nationalparks, rund zehn Prozent sogar im streng geschützten Wildnisgebiet Sulzbachtäler. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Wassertiefe von 20 Metern stünden in den angedachten Bereichen Flächen in der Größe von vier bis zu 26 Fußballfeldern unter Wasser. Für deren Errichtung, aber auch für den laufenden Betrieb wären entsprechend groß dimensionierte Zufahrtsstraßen und Arbeiten mit schwerem Gerät in einem besonders geschützten Gebiet erforderlich. Der Rechnungshof empfiehlt daher, Alternativen zu den Rückhaltebecken zu suchen, die die Schutzgüter des Nationalparks weniger stark beeinträchtigen.
Ebenfalls kritisch sieht der Rechnungshof ein Bauvorhaben entlang des Gamsgrubenwegs an der Großglockner Hochalpenstraße im Kärntner Teil des Nationalparks. Der Weg ist aufgrund von Steinschlag bereits mit mehreren Steinschlag-Galerien und -Tunneln gesichert. Dort wird die Errichtung einer neuen Schutzhütte geplant. Der Neubau einer Hütte steht im Widerspruch zum Schutz der besonders sensiblen Sonderschutzgebiete, für die teilweise sogar ein Betretungsverbot gilt. Zudem stellt sich die Frage, wie nachhaltig der Wegausbau ist. Denn das steigende Risiko von Steinschlag und Hangrutschungen durch die Klimakrise betrifft auch den Gamsgrubenweg.
Nationalpark ist finanziell gut aufgestellt, Finanzplanung fehlt
Die Basisfinanzierung der Nationalparkmanagements besteht aus Fördermitteln des Bundes und Zuwendungen der Länder – von letzteren kommen insbesondere finanzielle Zuwendungen an die Fonds und Personal für die Nationalparkverwaltungen. Der Bund stellt dem Nationalpark jährlich 2,56 Millionen Euro zur Verfügung. Er erhöhte die Mittel seit 2008 nicht. Die Nationalparkfonds erhalten zudem projektbezogene Fördermittel der Europäischen Union und erzielen Umsatzerlöse und Sponsoringeinnahmen. Zum 31. Dezember 2021 hatten alle drei Nationalparkfonds liquide Mittel von jeweils über einer Million Euro auf Sparbüchern oder Girokonten. Eine umfassende, mehrjährige Finanz- und Liquiditätsplanung fehlte jedoch. Der Rechnungshof empfiehlt, eine solche einzuführen und den Mittelbedarf zumindest quartalsweise zu planen.
Presseinformation: Nationalpark Hohe Tauern
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- Umfang:
- 172 Seiten
Bericht: Nationalpark Hohe Tauern
Der Rechnungshof überprüfte von Mai bis Juli 2022 die Gebarung des Nationalparks Hohe Tauern. Prüfungsziel war die Beurteilung der Finanzierung und Organisation des Nationalparks, seiner Aufgabenwahrnehmung in den zentralen Aufgabenbereichen Naturraummanagement, Biodiversität, Forschung, Bildung, Besuchermanagement und Öffentlichkeitsarbeit sowie des Vollzugs von gesetzlichen Verboten und Bewilligungen. Weiters beurteilte der Rechnungshof die Zusammenarbeit und Abstimmung von Bund und Ländern bei der Verwaltung des Nationalparks. Der überprüfte Zeitraum umfasste insbesondere die Jahre 2017 bis 2021.